Färöer!? Viel fiel den Menschen dazu nicht ein, als ich ihnen erzählte ich wolle dorthin reisen: "Ach ja, das sind doch die Inseln mit den vielen Schafen oder?!" Richtig! Um genauer zu sein sind es mehr als 80.000 davon. Fast 30.000 mehr als die sogenannten "Färinger", die Einwohner der Färöer Inseln, die hier im hohen Norden des rauen Atlantiks beheimatet sind. Aber nicht nur die Schafe fühlen sich auf den insgesamt 18 Inseln zwischen Island, Schottland und Norwegen pudelwohl. Auch die Natur hat sich hier wild und ungezähmt entfaltet. Mächtige Wasserfälle, tiefgrüne Wiesenhänge und zerklüftete Felsformationen prägen das Landschaftsbild der oft zitierten "Schafsinseln" (fär. Foroyar). Eine Reise nach Färöer führt euch aber auch durch Idyllische Dörfer, hinauf auf schroffe Berge und entlang mystischer Seen. Legenden und Sagen haben sich vielerorts über die Inseln verstreut. Das wechselhafte Wetter und ruppige Klima bieten den perfekten Nährboden dafür. Kurzum auf den Färöer Inseln kann man viel mehr erleben als nur "Schafe zählen"! Wir stellen euch die geheimnisvolle Inselgruppe im Nordatlantik vor und zeigen euch die schönsten Orte, die ihr auf eurer Reise auf keinen Fall verpassen solltet.
Ehe wir mit unserer Rundreise loslegen, geben wir euch einige interessante und wissenswerte Fakten und Informationen zu der autonomen Region Färöer, die Bestandteil des dänischen Königreichs ist. Die Besiedelung reicht bis ins frühe Mittelalter zurück, als zunächst irische Mönche mit ihren Schafen übersiedelten und dann die Wikinger aus Norwegen auf der Suche nach neuem Land folgten. Wahrscheinlich ist es also historisch bedingt, dass sich die Färinger nicht als "Dänen" betrachten, sondern als eigenständiges Volk, das von den Wikingern abstammt. So haben sie auch ihre eigene Sprache und Nationalflagge, die gewissermaßen eine Mischung aus norwegischer und isländischer Flagge darstellt. Färöer ist anders als Dänemark nicht Teil der EU. Wirtschaftlich produzieren die Inseln naturgemäß viel Wolle und auch die Fischzucht ist eine große Einnahmequelle. Der Tourismus dagegen steckt noch in den "Kinderschuhen". So gilt Färöer oft als zu abgelegen, rau oder unkomfortabel für "westliche Ansprüche". Auch das Preisniveau ist, vergleichbar mit den skandinavischen Ländern, äußerst hoch. Klar ist, dass aufgrund der natürlichen Gegebenheiten hier niemals ein Massentourismus mit "Bettenhochburgen" entstehen wird und das ist auch gut so, jedoch ist die Infrastruktur für einen nachhaltigen und ökologischen Tourismus durchaus vorhanden. So ist der Archipel eine der weltweit führenden "Nationen" in Sachen nachhaltiger Energie, z.B. stammt über 50% des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen. Ziel ist es bis ins Jahr 2030 bei 100% zu sein. Und auch die touristische Infrastruktur ist hervorragend ausgebaut. Während das Straßennetz die drei großen Hauptinseln (Vagar, Esturoy und Streymoy) miteinander verbindet, verkehren zwischen den kleineren und entlegenen Inseln regelmäßig Fähren. Selbst kunstvoll verzierte Unterwassertunnel wurden erbaut. Außerdem finden Touristen über fast alle Inseln verteilt Hostels, kleine Gästehäuser bis hin zu schicken Hotels. Am Ende bleiben die Färöer Inseln aber trotzdem ein Ziel für Naturliebhaber, Wanderer oder Abenteuerlustige, die Wind und Wetter trotzen und sich an einer einzigartigen Landschaft erfreuen wollen.
Das Klima ist, wie schon angeklungen, herb und äußerst wechselhaft. Nicht selten ist am selben Tag strahlender Sonnenschein, gefolgt vom dichten Nebel, Regen, Wind bis hin zu Sturm. An verschiedenen Orten auf dem Archipel kann die Wetterlage völlig unterschiedlich sein kann. So lohnt es sich oftmals in den Norden oder Süden auszuweichen.
Das färöische Wetter ist eine Sache für sich und prägt die gesamte Lebenseinstellung der Färinger. Wegen der ständigen Wetterwechsel tragen die Färöer nicht umsonst den Beinamen "Das Land des Vielleichts" (fär. kanska). Es ist aber eben genau diese Wechselhaftigkeit, der Regen, der Nebel, die Feuchtigkeit, die für das satte Grün auf dem Eiland verantwortlich ist. Es regnet zwar oft aber selten den ganzen Tag. Eine weitere Besonderheit des Klimas auf Färöer ist die Lage am Golfstrom. Dieser bringt, ähnlich wie auf Island, meist verhältnismäßig milde Temperaturen für diesen geographischen Breitengrad.
Die Durchschnittstemperatur ist auch im Sommer mit 11 Grad recht kühl. Die Badesachen können also in der Regel Zuhause gelassen werden. Die Schwankung zum Winter mit durchschnittlich 3 Grad ist dagegen sehr gering. Die Häfen sind dadurch ganzjährig eisfrei und im Winter fällt nur gelegentlich Schnee, der in flachen Regionen meist nicht lange liegen bleibt. Letztendlich bedeutet das, dass sich eine Reise auf die Färöer Inseln das ganze Jahr lohnt und jede Jahreszeit seine eigenen Reize mit sich bringt. Als Hauptreisezeit gilt jedoch Mai bis September. Dann sind die Tage am längsten hell und auch Temperatur liegt oft im zweistelligen Bereich.
Auch bezüglich der Flora und Fauna hat die Inselgruppe einiges zu bieten. Man könnte und füllt sicherlich auch ganze Bücher damit. Ich halte mich daher kurz. Die gelb leuchtende Sumpfdotterblume blüht vom Frühjahr bis in den Sommer hinein und ist die offizielle Nationalblume der Färöer Inseln. Ansonsten gedeihen aufgrund der Witterung überwiegend Moose, Flechten und Pilze. Bäume findet man nur vereinzelt. Daher ist Holz auf Färöer ein äußerst rares Gut. Neben den vielfach erwähnten Schafen ist der Archipel ein wahres Eldorado für Vogelbeobachter. Als Nationalvogel gilt der Austernfischer. Daneben findet man unzählige andere Arten, wie etwa den Eissturmvogel oder den bunten Papageientaucher. Durchatmen können dagegen alle Stichgeplagten, denn Mücken gibt es auf Färöer nicht. Aber auch auf einheimischen Honig muss man verzichten, da Bienen, wie Mücken den starken Wind meiden. Zu Wasser gibt es u.a. Grindwale, die sich in den Fjorden der Küsten beheimatet haben. Eine jährliche und blutige Tradition findet jedes Jahr um diese Tiere statt. So werden 500 bis 1.000 Artgenossen der Delfine in einer Treibjagd zusammengetrieben und getötet. Schaurige Bilder von hunderten, toten Grindwalen und dem blutrot verfärbten Meer sorgen jährlich für einen breiten Aufschrei bei Teilen der Weltbevölkerung. Beendet wurde diese Tradition leider dennoch nicht. Die Färinger verteidigen die Schlachtung dagegen mit der rasanten Vermehrung der Tiere im Gebiet um die Inseln.
Zum Abschluss gibt es noch einige praktische Fakten rund um das Reisen auf die Färöer Inseln. Die Währung ist die Dänische Krone. Direktflüge auf die Insel Vagar (einziger internationaler Flughafen) gibt es aus Deutschland derzeit nicht, dafür u.a. aus Dänemark, Norwegen, England, Schottland und Island. Da sich Färöer nicht in der EU befindet, fallen Roaming Gebühren beim Einsatz des Handys an. Das kann teuer werden. Es lohnt sich also vorab beim Anbieter einen Tarif abzuschließen, der das Land abdeckt oder man besorgt sich vorort eine SIM Karte. Für die Einreise aus Deutschland reicht ein Personalausweis aus. Andere Länder benötigen ggf. einen Reisepass. Die Amtssprache ist färöisch, dänisch und englisch.
Wir starten nun also mit den Highlights der schönsten Orte auf unserer Rundreise durch die beeindruckende Inselwelt von Färöer. Dazu haben wir uns einen Mietwagen ausgeliehen. Ab 40 bis 50 EUR pro Tag erhält man einen Kleinwagen, der für die gut ausgebauten Straßen vollkommen ausreichend ist. Auf insgesamt über 900 Kilometer Steckennetz verbinden die Hauptstraßen die meisten Orte sehr komfortabel und schnell miteinander. Die Fahrzeit zwischen den Zielen beträgt selten über eine Stunde. Zwar ist es auch möglich die Inseln mit dem öffentlichen Bus zu erkunden, allerdings ist die Planung dann oft recht umständlich, da die Busse an machen Orten nur sehr unregelmäßig verkehren. Der erste Halt ist das beschauliche Dorf Gasadalur und der atemberaubende Mulafossur, nur wenige Kilometer westlich vom Flughafen auf der Insel Vagar gelegen. Der tosende ins Meer stürzende Wasserfall umgeben von einer dramatischen Landschaft gilt als eine der größten Sehenswürdigkeiten des nordischen Archipels. Unmittelbar vor dem Dorf Gasadalur stürzt der Fluss Dalsa in 20 Meter rauschend hinab ins tiefblaue Meer. Schafe weiden behaglich auf den grün bewachsenen Klippen, während im Hintergrund das Tal und Dorf von hohen Bergen überragt wird. Gasadalur selbst besteht nur aus einigen Bauernhöfen, die der Landwirtschaft nachgehen. Vom Dorf, in dem auch der öffentliche, kostenfreie Parkplatz mit Toiletten liegt, führt ein wunderschöner Rundweg zum Wasserfall, über steile Treppen hinab auf fast Meeresniveau und weiter entlang der imposanten Steilküste. Eine unbeschreibliche Szenerie, deren Eindruck der wolkenbehangene Himmel noch verfestigt.
Es geht zurück in östlicher Richtung entlang der "Buttercup-Road", ein Landschaft besonders reizvoller Straßenabschnitt, den ein Schild mit einer gelben Blume (Sumpfdotterblume) kennzeichnet. Nach wenigen Minuten erreichen wir bereits das nächste Highlight. Der mächtige Skardsarfossur und das daneben liegende Dorf Bour, das zu einem der schönsten und ursprünglichsten Dörfer der Inselgruppe zählt. Zunächst liegt der Wasserfall Skardsarfossur etwas versteckt wenige Kilometer vor dem Dorf. Eine kleine Haltebucht an der Straße und ein Trampelpfad durch feuchte Wiesenhänge führt hinab Richtung Meer. Von dort aus ist der Wasserfall in seiner ganzen Schönheit sichtbar. Er fällt, anders als der Mulafossur, nicht direkt ins Meer, sondern zu dessen Ufer. Nicht nur auf den Wasserfall ist die Aussicht gigantisch, auch der weite Blick auf das Meer eröffnet tolle Perspektiven auf die pittoresken, grün bewucherten Felsformationen, die imposant aus dem Wasser ragen. Nach wenigen Minuten erreichen wir Bour. Das kleine Idyll mit bunten Häusern und einer strahlend weißen Holzkirche öffnet sich eindrucksvoll zum Meer und gewährt einen einzigartigen Ausblick auf die vorgelagerten, unbewohnten Felsinseln, u.a. Tindholmur, deren schroffe 262 Meter hohe Wand mit fünf Zacken wie die Flosse eines Hais aus der Meerestiefe ragt.
Eine einzigartige Sehenswürdigkeit und Must-Do auf den Färöer Inseln ist die Wanderung zum 142 Meter hohen Kap Traelanipa. Von dort erhält man einen unglaublichen Blick auf den größten Binnensee des Archipels, den Sorvagsvatn oder auch Leitisvatn genannt. Ein See, der hunderte Meter auf den Klippen über dem Atlantik zu schweben scheint. Tatsächlich handelt es sich hierbei nur um eine optische Täuschung, die der richtige Blickwinkel vom Kap Traelanipa auf den See gewährt. Auch wenn der Sorvagsvatn letztendlich "nur" 30 Meter über dem Meeresspiegel liegt, sind die Ausblicke auf den "schwebenden See" spektakulär und einzigartig. Und als wäre all das nicht schon genug an Naturerlebnis, so rauscht aus dem Leitisvatn noch der Wasserfall Bosdalafossur tosend hinab ins Meer. Der Weg zu dieser atemberaubenden Naturkulisse führt uns in einer insgesamt 7 Kilometer (Hin- und Rückweg) langen und einfachen Wanderung von Midvagur (nahe Flughafen Insel Vagar) zum Kap. Für die Wanderung ist am Parkplatz eine "Wandergebühr" (Hiking- Fee) in Höhe von 200 DKK (fast 30 EUR) pro Person zu entrichten. Viel Geld für wenige Kilometer. Das Erlebnis und die Aussichten sind es aber allemal wert. Der Rückweg erfolgt über den Hinweg westlich oberhalb des Sees. Sagenhafte Wesen wohnen im Übrigen in den Felsen um das Gewässer. Das Huldufolk seien verborgene und elfenartige Wesen. Groß gewachsen, grau gekleidet und mit schwarzem Haar sollen sie so manche Zauberkunst beherrschen. Haltet also die Augen wach! Ganz unromantisch dagegen ist der Namensursprung des Kaps Traelanipa, was übersetzt soviel wie "Sklavenklippe" bedeutet. Hiernach sollen nicht mehr arbeitsfähige irische Sklaven von der Klippen gestürzt worden sein.
Weiter führt uns der Weg zu einem sagenumwobenen Ort in den Osten der Insel Vagar. Hier liegt oberhalb der kleinen Stadt Sandavagur, welche sich und seine farbenfrohen Häuser an die Hänge eines Fjords schmiegt, die Trollkonufingur. Der sogenannte "Trollweibsfinger" oder auch "Hexenfinger" genannt, erhebt sich mahnend über 312 Meter aus dem Wasser. So ranken sich mehrere mystische Legenden um die bizarre Felsformation. Die eine erzählt davon, dass einst eine Hexe versuchte Färöer nach Island hinüber zu ziehen. Dies konnte sie allerdings nur bei Nacht, denn bei Tageslicht sollte sie zu Stein erstarren. Als sie eines Nachts bei der Insel Vagar die Zeit vergaß und die Sonne aufging, war es geschehen und sie fiel zu Stein erstarrt ins Meer. Nur der Finger und der Hinterkopf (die kleine Insel Koltur) ragten von fortan noch aus dem Wasser heraus. Eine andere Legende erzählt von einem Mitglied des königlichen Gefolges, der im Jahr 1844 den Hexenfinger bestieg, als der dänische Kronprinz Frederik vorbei segelte und ihm zu winkte. Als er herab gestiegen war, bemerkte er, dass er seine Handschuhe oben vergessen hatte. Er stieg wieder hinauf und fiel in den Tod. Bis heute haben nur wenige Leute es geschafft den Trollkonufingur überhaupt zu besteigen. Der ungefährliche Weg, nicht auf aber zum Trollweibsfinger führt heute oberhalb von Sandavagur in 20 Minuten entlang der Küste zur Aussichtsplattform. Zurück in Sandavagur gibt es noch eine der schönsten Kirchen des Archipels zu besichtigen. Die 1913 erbaute Kirche strahlt in weiß-roten Farben. Im Inneren verbirgt sich neben dem Altar ein uralter Runenstein aus der Wikingerzeit, dessen Inschrift besagt "Thorbild, Onundarson, Ostmann aus Rogaland, an diesem Ort als erster siedelte". Mit Rogaland ist Norwegen gemeint und verweist auf die sehr frühe Besiedlung der Inselregion.
Wir wechseln Richtung Westen auf die Insel Streymoy. Sie gehört zu den drei Hauptinseln (Vagar, Streymoy und Eysturoy) der Färöer. Über einen kostenpflichtigen Unterseetunnel (je Richtung 100 DKK) erreichen wir nach Streymoy. Nun folgen wir der Straße Richtung Norden. Am Ende des zehn Kilometer langen Tals liegt im Kessel Saksun, mit Sicherheit einer der sehenswertesten Orte unserer Rundreise. Wie am Ende der Welt scheint hier die Zeit stehen geblieben zu sein. Einige historische Häuser, ein niedliches Freilichtmuseum, ein gigantischer Wasserfall und eine kleine, weiße Kirche prägen dieses geheimnisvoll anmutende Einöd. Gerade einmal zehn Menschen leben hier noch. Von den Bergen umschlossen hat sich unterhalb des Ortes eine Lagune gebildet, die durch eine circa zwei Kilometer lange Schlucht mit dem Meer verbunden ist. Bei Ebbe zieht sich das Wasser zurück und man kann durch die atemberaubende Schlucht bis zum Meer und seinem pechschwarzen Strand mit moosbewachsenen Hängen im Hintergrund gelangen - ein einmaliges Erlebnis.
Fährt man aus dem Talkessel von Saksun hinaus gelangt man weiter Richtung Norden zum höchsten Wasserfall der Färöer Inseln, dem imposanten 140 Meter hohen Fossa, der sich über zwei Stufen ins Tal ergießt. Der Fossa liegt unmittelbar an der Straße Richtung Tjornuvik mit einer kleinen Parkbucht am Straßenrand. Über einen matschigen und nassen Pfad führt der Weg direkt zur unteren Kaskade. Aber auch die zweite Stufe und ganz oben sind über kleine Trampelpfade mit etwas Geschick und gutem Schuhwerk erreichbar. Gerade von oben erhält man wunderschöne Ausblicke auf den gesamten Sturz des Fossas und tief hinein in den Fjord.
Versteckt am Ende der Straße 21 liegt im Nordwesten von Streymoy das Dorf Vestmanna. Ein beschaulicher Fischerort, der idyllisch am Ende eines Fjords liegt und viele Speicherseen zur Stromerzeugung beherbergt. In den Sommermonaten werden von Vestmanna viele Bootsfahrten zu den Vogelklippen und zu den eindrucksvollen Brandungshöhlen angeboten.
Im Süden von Streymoy befindet sich auch die Hauptstadt der Färöer Inseln, Thorshavn. Etwa 15.000 Einwohner bewohnen die größte Stadt des Archipels, deren Name sich auf den nordischen Kriegsgott Thor zurückführen lässt. Dennoch geht es gediegen nordisch zu. Die bunten Boote schaukeln im Wind und Hektik und Stress sind meilenweit entfernt. Vom schönen Hafengelände des Osthafens (Eystaravag) mit seinen farbenfrohen ehemaligen Lagerhäusern führt der Weg wenige Meter hinauf in die historische Altstadt (Tinganes). Dort spazieren wir zwischen den charakteristischen und malerischen Häusern mit traditionellen Torfdächern. Von hier aus ist es nicht mehr weit bis zur Festung Skansin, die Ende des 16. Jahrhunderts erbaut wurde um Torshavn vor plündernden Piraten zu schützen. Heute erhebt sich hier neben den alten Mauerresten ein rot-weißer Leuchtturm. Ein Rundgang durch die charmante, nordische Kleinstadt ist kurzweilig und bietet dennoch urbanes Flair mitten im Atlantik. Viele hippe Bars und Cafés laden bei nasskaltem Wetter zur gemütlichen Einkehr ein. Ein idealer Stopp um sich nach den Unternehmungen in der Natur niederzulassen und eine Pause einzulegen oder etwas zu shoppen.
Nur etwa 15 Fahrminuten südwestlich von der Hauptstadt Thorshavn befindet sich das historische Kirkjubour. Hier steht nicht nur die älteste Kirche der Färöer, sondern auch das älteste Holzhaus Europas. Außerdem erhebt sich an der Küste die Ruine des Magnus-Doms, einem Bauwerk das so kolossal erbaut irgendwie nicht so richtig hierher passen will. In den besiedelten Anfängen der Färöer Inseln war hier das kulturelle und religiöse Zentrum gelegen. Bis zur Reformation im Jahr 1538 war in Kirkjubour der Bischofssitz, weshalb hier einst eben auch die Kathedrale des Magnus-Doms gebaut wurde. Die im barocken Stil erbaute Kathedrale wurde nach Magnus Erlendsson, dem 1115 zu Unrecht hingerichteten Earl of Orkney, benannt. Mit dem Bau des mächtigen Doms wurde unter dem im Mittelalter wohl bedeutendsten Bischof Erlendur im Jahr 1300 begonnen. Aufgrund der hohen Abgaben, die Erlendur von der Bevölkerung verlangte, war er jedoch nicht sonderlich beliebt. Schließlich floh er nach Unruhen von den Inseln. Bis heute ist nicht klar, ob der Magnus-Dom jemals zu Ende gebaut wurde. Im Jahr 1772 zerstörte eine Lawine Teile der Kathedrale. Heute steht das alte Gemäuer inmitten der wilden und verlassenen Küste fast selbst etwas verlassen da. Gegenüber von der Ruine befindet sich der gut erhaltene Königsbauernhof. Das prachtvolle Wohnhaus ist mit einer schwarzen Teerfarbe vor Wind und Wetter geschützt. Die Fenster leuchten in knalligem Rot. Im 12. Jahrhundert erbaut gilt es heute als ältestes noch bewohntes Holzhaus Europas. Der Name Königsbauernhof rührt übrigens daher, dass hier der norwegische König Sverre (ca. im Jahr 1200) als unehelicher Sohn seiner Mutter Gunhild geboren und aufgezogen wurde, die mit einem Bruder des färöischen Bischofs Roes liiert und von Norwegen nach Kirkjubour geflohen war. Die älteste Dorfkirche der Färöer steht unmittelbar neben dem Königsbauernhof, die im Jahr 1111 erbaute und in weiß getünchte Sankt Olavs Kirche. Kirkjubour ist einer der wichtigsten Ort für Historie und Kultur auf den Färöer Inseln. Man kann sie hier noch hautnah erleben und spüren.
Wir wechseln die Insel. Abgeschieden und im äußersten Nordwesten der Insel Eysturoy befindet sich das wohl schönste und malerischste Dorf der Färöer Inseln, Gjogv. Das Dorf liegt umgeben von einer pittoresken Schlucht, die gleichzeitig auch als Naturhafen dient. Die bunten Häuser schmiegen sich verschlafen an die Küste. Ein schöner Panoramaweg führt oberhalb der 200 Meter langen Schlucht entlang und gewährt herrliche Ausblicke auf den wilden Atlantik und das idyllische Dorf. Einst war Gjogv ein beschauliches Fischerdorf und alte Boote schipperten in der Bucht vor sich hin. Heute hat sich das Bild des Dorfes etwas verändert. Der alte Dorfkern mit seinen engen Gassen und den farbenfrohen Häusern neben der Schlucht sind zwar geblieben, aber der Tourismus hat hier längst Einzug gehalten. Zeuge davon sind viele Ferienhausanlagen und große Parkplätze für Reisebusse. Auch wenn der Charme und die Ursprünglichkeit dadurch etwas verloren gingen, ist Gjogv weiterhin ein absolutes Highlight einer Färöer-Reise. Auch die wunderbare umliegende Naturkulisse zieht viele Besucher an. So führen schmale Wanderpfade von Gjogv hinauf zu den Vogelklippen.
Und Apropos wandern, nur etwa zehn Fahrminuten von Gjogv entfernt, befindet sich der Anstieg zum höchsten Berg des Archipels, der 880 Meter hohe Slættaratindur, zu deutsch "flacher Gipfel". Für Wanderer auf den Färöer Inseln ist die Besteigung natürlich ein absolutes Pflichtprogramm. Und so machen auch wir uns auf und erklimmen die 500 Höhenmeter, die uns zunächst über einen einfachen aber matschigen Pfad unterhalb des Gipfel-Plateaus führen. Anschließend ist etwas Felsklettern angesagt. In unserer Reisezeit im Oktober ist das bereits eine eisige Angelegenheit, die unbedingt mit gutem Schuhwerk begangen werden sollte. Nach einigen Minuten stehen wir tatsächlich auf dem breiten Gipfelaufbau und blicken glücklich in die Ferne. Die Aussicht auf die umliegenden Berge, Seen und Fjorde ist schlichtweg überwältigend! Für den Anstieg sollte man in etwa eine Stunde einplanen und das Wetter im Blick haben. Denn hier oben kann es schnell mal ungemütlich werden.
Um das nächste Highlight zu erreichen, setzen wir mit der Autofähre (20 Minuten Fahrtzeit mehrmals täglich, 130 DDK mit PKW, 40 DKK ohne, vorab im Internet buchbar) vom Ort Klaksvik auf der Insel Eysturoy hinüber nach Syoradalur auf die langgezogene aber schmale Insel Kalsoy. Dort führt uns die einzige Straße der Insel hinauf in den Norden. Unser erster Stopp ist bei Mikladalur. Hier erhebt sich seit dem Jahr 2014 eine 2,5 Meter große Robbenfrau (fär. Kopakonan) aus Bronze an der Küste. Die bekannte Gestalt wurde vom Bildhauer Hans Pauli Olsen entworfen und stammt aus einer nordatlantischen Sage. Hiernach durften einmal im Jahr am Dreikönigstag die Robben an Land gehen, ihr Fell ablegen und zu Menschen werden. Sie tanzten vergnügt unter den Einheimischen. Ein junger Bauernsohn verliebte sich daraufhin in eine Robbenfrau. Er versteckte ihr Fell, so dass diese fortan unter den Menschen leben musste. Sie heiratete den Bauernsohn und gebar ihm Kinder. Eines Tages fand sie schließlich ihr Fell versteckt in einer Kiste. Sie zog es an und verschwand im Meer, in dem ihr Robbenmann all die Jahre auf sie gewartet hatte. In einer Nacht, ehe der verlassene Bauernsohn auf Robbenjagd gehen wollte, erschien ihm die Robbenfrau im Traum und bat ihn ihren Robbenmann und die neugeborenen Kinder, die sich in einer Höhle am Strand befanden, zu verschonen. Der Bauernsohn tötete die Robben jedoch und kochte deren Fleisch und gab es seinen Kindern zum Essen. Als es draußen dunkel wurde, kehrte die Robbenfrau in Gestalt einer furchtbaren Trollfrau an Land zurück und belegte die Einwohner von Kalsoy mit einem schrecklichen Fluch: So sollten soviele Männer von den Vogelklippen stürzen oder zu See sterben, dass diese die gesamte Insel umringen könnten. Und tatsächlich kam es bis heute zu vielen tödlichen Unfällen zu See und auf Land. Also aufgepasst bei unserem nächsten Halt auf Kalsoy! Die knapp fünf Kilometer lange und einfache Wanderung von Trollanes zum Kallur Leuchtturm im äußersten Norden der Insel bietet sensationelle Ausblicke auf die bizarren Klippen und das tosende Meer. Der Leuchtturm liegt abgeschieden und einsam auf einer steilen Klippe, welche einen atemberaubende Aussicht auf die umliegenden Inseln bietet. Aber auch hier wird beim Start der Wanderung eine Gebühr in Höhe von 200 DKK erhoben.
Anschließend wandern durch dramatische Landschaften, geprägt von grün bewachsenen Tälern und pittoresken Felsformationen. Die unberührte und raue Natur der Färöer Inseln zeigt sich hier oben im Norden besonders eindrucksvoll. Aber nicht nur Naturliebhaber kommen auf ihre Kosten. Film- und James Bond Fans können hier den Grabstein des Action-Heldes aus seinem letzen Film ("Keine Zeit zu sterben") bewundern bzw. betrauern. Kein Wunder, dass man hier bei dem peitschenden Wind von den Klippen stürzt, denken wir.
Bei einer Erkundung der Färöer Inseln mit dem PKW wird man unweigerlich auf kostenpflichtige Unterseetunnel (Bezahlung via Videomaut) treffen. Zwei dieser Tunnel (je Fahrt 100 DKK) führen von der Insel Vagar hinüber nach Streymoy. Eine besonders eindrucksvolle unterirdische Verbindung führt seit dem Jahr 2020 vom Ort Hvitanes auf Streymoy auf die Nachbarinsel Eysturoy. Dieser 11 Kilometer lange Tunnel bietet ein kunstvolles Highlight, das man gesehen haben sollte. Denn 72 Meter unter der Meeresoberfläche gibt es einen Kreisverkehr, an dem sich die zweispurige Fahrbahn verzweigt. Inmitten des Kreisverkehrs erleuchten farbige Installationen und Skulpturen, die den faröischen Ringtanz darstellen. Erschaffen wurde dieses Kunstwerk vom Bildhauer Trondur Patursson. Und Kunst ist teuer. So kostet die einmalige Fahrt durch den Tunnel stolze 250 DKK (35 EUR).
Nicht unerwähnt möchten wir zwei Sehenswürdigkeiten lassen, die beide jedoch nur mit einem lokalen Guide im Rahmen einer Tour begehbar sind. Der 70 Meter hohe Meeresbogen Dranganir ist eine Felsformation vor der Küste von Vagar und ausschließlich mit dem Boot oder geführten Wanderung zu erreichen ist. Und auch der Besuch der daneben gelegenen Felsnadeln Dunnesdrangar ist nur mit einem lokalen Guide gestattet.
Und so endet unser Abenteuer auf den geheimnisvollen Färöer Inseln. Ein Archipel, das uns mit seiner grandioser Natur und epischen Landschaft begeistert hat. Inseln voller Mystik aus dramatischen Legenden und Sagen. Geschaffen und geformt vom rauen Wind und Wetter, entlegen im Norden des Atlantiks.
Síggjast skjótt mínar elskaðu Føroyar!
Bis bald mein geliebtes Färöer!
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