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Bosnien und Herzegowina - Das grüne Herz des Balkans

  • Autorenbild: Thomas Gräbel
    Thomas Gräbel
  • 28. Aug.
  • 17 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 20 Stunden

Wenn Leute heutzutage an Bosnien und Herzegowina denken, kommt vielen von ihnen noch immer die verheerenden und grausamen Jugoslawien Kriege aus den 90er Jahren in den Sinn, weniger jedoch ein Land, das durch die Schönheit seiner Landschaft, seine unbändige Natur und die kulturelle Vielfalt auf sich aufmerksam macht. So steht der südosteuropäische Balkanstaat noch auf wenigen Reiserouten und wird damit vollkommen unterschätzt. Wir haben uns auf eine Reise durch Bosnien und Herzegowina begeben und erlebten ein Land, das uns mit unglaublicher Herzlichkeit und Gastfreundschaft empfing und mit uns mit seinen atemberaubenden Schätzen begeistert zurück ließ. Es ist ein Land für echte Naturliebhaber, für wahre Abenteurer, für Menschen, die Freiheit lieben und dies in endloser Weite finden und für alle, die eines der letzten europäischen Länder abseits des Massentourismus entdecken wollen. Und zu entdecken gibt es in Bosnien und Herzegowina vieles, und vieles davon ist noch unberührt, noch wild, noch ungezähmt. Wir stellen euch den Geheimtipp auf dem Balkan vor und zeigen euch die Highlights und was eine Reise durch Bosnien und Herzegowina so besonders macht.

Vorab sei allerdings bereits erwähnt, dass für alle Urlauber, die sich nach endlosen Stränden und Meer sehnen, Bosnien wahrscheinlich die falsche Wahl ist. So bietet das Balkanland eine lediglich 20 Kilometer lange Küstenlinie um den Ort Neum, der nicht unbedingt einen Sehnsuchtsort am Mittelmeer darstellt. Dafür lädt das Inland mit unzähligen und glasklaren Seen und Gewässern zum Baden ein. Wer also auf Salzwasser verzichten kann, ist hier richtig.


Bevor wir mit unserer Rundreise durch den spannenden Balkanstaat starten, wollen wir euch natürlich noch ein paar nützliche Tipps und Informationen zu eurer Reise nach Bosnien und Herzegowina geben. Wer das Land nämlich bereisen und verstehen will, muss sich unweigerlich mit seiner Vergangenheit auseinander setzen. Noch heute sind die Wunden des Bosnien Kriegs im Rahmen der Jugoslawien Kriege zu spüren und allgegenwärtig. Zwar scheint vieles oberflächlich verschwundenund verheilt zu sein, die Schäden beseitigt, die Straßen und Gebäude saniert. Im Inneren der Menschen sieht das jedoch anders aus. Es war ein Krieg der Nachbarn, Familie und Freunde zu Feinden machte. Ein Krieg zwischen Ethnien und Volksgruppen, bei dem vor allem die bosnisch-muslimische Bevölkerung unendlich viel Leid erfuhr. Im Bosnien-Krieg, der während des Zerfalls der ehemaligen sozialistischen Republik Jugoslawien zwischen 1992 und 1995 stattfand, eskalierte die Situation, als die Bosniaken (muslimische Bosnier) einen eigenständigen Staat und ihre Unabhängigkeit anvisierten. Daraufhin kam es zur Eskalation durch die serbischen Bosnier, die für einen Verbleib in der Föderation Jugoslawien bzw. Serbien plädierten. Die westlich kroatisch geprägte Volksgruppe fühlte sich dagegen zum kroatischen Staat hingezogen. Durch militärische Unterstützung des ehemaligen Jugoslawiens bzw. Serbiens wurden die serbischen Bosnier mit Waffen ausgestattet und nationalistische Gruppierungen unter der barbarischen Führung von Ratko Mladic begannen eine furchtbare ethnische Säuberung der zahlenmäßig und militärisch völlig unterlegenen Bosniaken. Selbst der Eingriff der UN Friedenstruppen als Vermittler konnten schlimmste Kriegsverbrechen nicht verhindern. So kam es im Juli 1995 zum Massaker von Srebrenica, bei dem mehr als 8.000 Jungen und Männer ermordet wurden. Obwohl die Verbrechen von damals juristisch weitgehend abgeschlossen sind, weigert sich Serbien bis heute die Taten als Genozid anzuerkennen. Erst als schließlich die NATO unter der Führung der USA, bis heute umstritten, eingriff und die serbischen Bosnier in die Defensive zwang, kam es zu Kriegsende mit dem "Vertrag vom Dayton". Hierbei entstanden die Verwaltungseinheiten der Föderation Bosnien und Herzegowina (mehrheitlich Bosniaken) im Zentrum und Westen, sowie der Republika Srpska (mehrheitlich serbische Bosnier) im Norden um Banja Luka und östlich von Sarajevo als Teile von Bosnien und Herzegowina. Bosnien selbst ist die historische und mehrheitliche Region (80 Prozent) im Norden und Herzegowina die südwestliche Region des Landes (20 Prozent). Heute leben kroatische Bosnier, serbische Bosnier und Bosniaken wieder großteils friedlich miteinander, die Narben der Vergangenheit und ein gewisses Misstrauen bleibt jedoch zurück. Schließlich entzweite der ethnische Konflikt bis heute ganze Familien, in denen einst serbische Bosnier und Bosniaken lebten, welche dann untereinander zu Feinden wurden und sich beschossen. Der Bosnien-Krieg und dessen Gräueltaten sind also der dunkle Schleier, der bis heute auf dem Balkanstaat liegt. Bewältigte Trauer, aufrichtige Vergebung und die aufschlussreiche Lehren sind der heutige Schlüssel für die friedliche Co-Existenz der Vielvölker in einem Staat. Wer Bosnien und Herzegowina also bereist, wird an diesem Thema nicht vorbeikommen, daher der kurze Exkurs zum Bosnien-Krieg, der übrigens ganze Bücher und Dokumentationen füllt und daher hier schlicht gehalten wurde. Schließlich wollen wir uns auf das heutige und friedliebende Bosnien und Herzegowina konzentrieren.


Wer nach Bosnien und Herzegowina kommen möchte, hat die Qual der Wahl auf welche Art und Weise er anreisen will. Es gibt diverse internationale Flughäfen, die auch von Deutschland angeflogen werden, z. B. die Hauptstadt Sarajevo, Banja Luka oder auch Tuzla. Die andere Möglichkeit ist selbstverständlich die Anreise mit dem PKW. Den Norden von BIH (Abk. für Bosnien und Herzegowina) erreicht man dabei von Bayern bereits in sechs bis sieben Stunden. Das Land hat etwas über 3,5 Millionen Einwohner und ist nicht Teil der EU (Achtung Roaming Gebühren fallen an, ggf. einheimische SIM Karte nutzen), so dass es in der Hauptreisezeit bei Grenzkontrollen teilweise zu Wartezeiten kommen kann und eine Einreise nur mit Reisepass, aber nicht dem Personalausweis, möglich ist. Zahlungsmittel ist die Konvertible Mark (1 KM entspricht 0,5 Euro). Gerade in kleineren Läden oder Restaurants ist meistens nur Barzahlung möglich. Viele akzeptieren dabei aber auch den Euro. BIH gilt für europäische Verhältnisse als sehr günstiges Reiseland. Es ist ideal für Backpacker oder Low-Budget Reisende. Wir sind bei unserer Rundreise selbst manchmal erstaunt, wie günstig die Lebenshaltungskosten hier tatsächlich sind. So variieren die Hauptgerichte in einem Restaurant oftmals zwischen fünf und zehn Euro. Trotz des geringen Preises ist die Qualität aber meistens hervorragend. Man bekommt für sein Geld in dem Balkanstaat also sehr viel geboten. Und das gilt nicht nur für das Essen. Auch Hotels, Gästehäuser oder Ferienwohnungen sind im Vergleich zu den kroatischen Nachbarn überaus preiswert. Wer also ein Land in Europa sucht, in dem das Preis-Leistungsverhältnis absolut stimmt, der trifft mit BIH die richtige Wahl. Die perfekte Reisezeit hängt, wie so oft, von den Bedürfnissen eurer Reise ab. Grundsätzlich gilt Mai bis Oktober als ideal. Dabei eignen sich Juni bis Mitte September vor allem für einen Badeurlaub. Während im Frühjahr und Herbst die Bedingungen für kulturelle Sightseeing Trips oder Wanderungen perfekt sind. Obwohl Bosnien mit etwa 50.000 Quadratkilometer nur etwas größer als Niedersachsen ist, herrscht aufgrund der Topographie des Landes ein sehr differenziertes Klima. Während die Küstenregion ein mediterranes Klima mit heißen, trockenen Sommern und feuchten Wintern aufweist, ist im Landesinneren und im Norden gemäßigt kontinentales Klima vorherrschend. Dabei gibt es große Temperaturunterschiede. Noch unterschiedlicher fällt das Klima jedoch in den Bergregionen, die große Teile des Landes überziehen, aus. Dort kommt zu warmen Sommern und sehr kalten und schneereichen Wintern. Genau diese kontrastreiche Beschaffenheit des Balkanstaates machen eine Reise durch das Land so abwechslungsreich und spannend. Während das bis zu 2.400 Meter hohe Dinarische Gebirge sich hier oftmals schroff und abweisend präsentiert, blühen auf den Hochebenen darunter farbenfrohe Blumen und endlose Wälder erstrecken sich in grünen Tälern, die durch kristallklare Flüsse und Seen durchzogen werden. Bosnien ist ein wahrer Spielplatz der Natur. Und durch die kurzen Distanzen sind alpine Hochgebirgslandschaften oftmals nur eine kurze Fahrzeit von mediterranen Küstenlandschaften entfernt. Gerade im heißen Sommern entfliehen dabei die Einheimischen in die kühleren Bergregionen.

Ehe wir nun mit unserer Rundreise loslegen, wollen wir euch aber noch ermutigen und mitteilen, dass Bosnien und Herzegowina, trotz der erwähnten ethnischen Konflikte aus der Vergangenheit, inzwischen ein äußerst sicheres Reiseziel ist. Die Kriminalität ist äußerst gering und man kann sich im Land gefahrlos bewegen, auch als Frau oder Alleinreisender. Die Akzeptanz und Toleranz gegenüber anderen Religionen oder Konfessionen ist mittlerweile sehr liberal und offen. So stehen Moscheen, Synagogen und Kirchen fast Mauer an Mauer. Die Infrastruktur und Straßen im Land sind gut ausgebaut und fast alle touristischen Orte sind gut ausgeschrieben. Nur in den manchen Bergregionen finden sich noch alte Schotter-, oder Offroad Straßen, z.B. zum Bergdorf Lukomir. Nun machen wir uns aber endlich auf die Reise.


Wir starten mit einem wahren Naturwunder, dem Una Nationalpark. Während die nahegelegenen Plitvicer Seen im benachbarten Kroatien weltweit bekannt sind, ruht auf der bosnischen Seite im äußersten Nordwesten noch ein fast unbekanntes aber mindestens ebenso spektakuläres Stück eines grünen Paradieses, es ist eben nur unberührter und stiller. Das Schutzgebiet aus tiefen und dichten Wäldern mit uralten Bäumen, funkelnden Flüssen, rauschenden Wasserfällen und einer vielfältigen Flora und Fauna, darunter seltene Pflanzen und Wildtiere, erstreckt sich unterhalb der Stadt Bihac bis zu den Schluchten der Una und der Unac. Der Una Nationalpark und seine weitläufigen und satten Täler gehören zu den absoluten Geheimtipps unter Naturliebhabern. Nicht umsonst besagt die Legende, dass einst die Römer, die ihren Sinn für Schönheit nach zahlreichen Eroberungen verloren hatten, an die Ufer des Flusses Una gelangten und ausriefen: "Una!" (Die Einzige). So sehr waren sie von der Schönheit begeistert, die sie sonst nie so aufgefunden hatten. Und so blieb der Name bis heute erhalten. Während die Römer von den Ufern inzwischen verschwunden sind, erstreckt sich dort nun ein endloses Netz an Wanderwegen. Und auch Wassersportler kommen beim Rafting, Kajaken oder Angeln voll auf ihre Kosten.



Das Tor zum Una Nationalpark ist zweifelsohne die idyllisch gelegene Kleinstadt Bihac mit seinen etwa 60.000 Einwohnern, welches sich unaufgeregt an die Ufer der Una schmiegt. In Bihac, dem Hauptort des Kantons Una-Sana, findet man urbanes Flair im sonst so ländlichen Schutzgebiet. Neben einer Festung und einer Moschee reihen sich in der Fußgängerzone etliche Cafés und Restaurants aneinander. Auch Shoppingmöglichkeiten findet man hier zur Genüge. Die Stadt, die hauptsächlich von Bosniaken bewohnt wird, wird durch den Flusslauf der Una getrennt. In dessen Mitte befindet sich eine parkähnliche Anlage, die zum spazieren gehen einlädt. Von hier überblicken wir die rauschenden Quellen und Ausläufer der Una, die sich insgesamt 212 Kilometer als natürlicher Grenzfluss durch Bosnien erstreckt und dabei in vielen großen und kleinen Wasserfällen ergießt.



Lediglich 15 Fahrminuten von Bihac entfernt befindet sich der atemberaubende Kostelski Buk und das gleichnamige Hotel mit hervorragendem Restaurant. Hier in diesem Ambiente, inmitten von tosenden Wasserfällen und urwüchsigen Wäldern, regionale Speisen zu verzehren ist ein Erlebnis für sich, sowohl landschaftlich, als auch kulinarisch. Gerade die frischen Forellen, direkt aus der Una gefangen, sind ein absolutes Highlight. Gerade einmal 12 EUR für zwei Forellen mit Beilagen werden wir hier los. Nach dem Essen spazieren wir im angrenzenden Park entlang kleiner Pfade und staunen über die wunderschöne Natur, die diesen Ort umgibt.



Unser nächster Halt ist der tosende Buk Strbucki, mit Sicherheit einer der spektakulärsten Wasserfälle im Una Nationalpark und ganz Bosnien und Herzegowina. Der Wasserfall befindet sich in der Nähe der Ortschaft Kulen südlich von Bihac und liegt unmittelbar an der kroatischen Grenze. Der Eintrittspreis beträgt etwa 4 EUR pro Erwachsenen, ist aber jeden Cent wert. Über breite Holzstege und Treppen führt uns der Weg entlang des Wasserlaufes nach unten und bietet dabei eine atemberaubende Aussicht auf den Wasserfall, der sich über 25 Meter in ausufernden Kaskaden in das Flussbett hinabstürzt. Viele Rafting Touren starten von hier und garantieren Abenteuer pur!



Gerade einmal 30 Fahrminuten weiter südlich gelangen wir zur Unac Schlucht und den Wasserfällen von Martin Brod mit seiner malerischen Siedlung. Während der Buk Strbucki zu den touristischsten Orten des Una Nationalpark gehört, liegen diese Wasserfälle etwas versteckt am Talende, eingerahmt von der Una und Unac, und sind nicht so stark frequentiert. In einer fast mystischen Landschaft verläuft hier der größte Komplex an Wasserfällen im gesamten Una Nationalpark. Das idyllische Dorf von Martin Brod schmiegt sich mit seinen klapprigen Holzhäusern und massiven Steinbauten an dicht bewachsene Berghänge, während überall das Plätschern von Wasser zu hören ist. Alte Wassermühlen, rutschige Stege und holprige Brücken erstrecken sich entlang und über das blau-grün schimmernde Wassers der Una, das sich aus allen Richtungen ergießt. Ein wirklich magischer Ort, dessen Ursprung passenderweise auch auf eine Legende zurück zu führen ist. So soll es einst ein schönes, junges Mädchen namens Marta gegeben haben, die sich in einen Jungen verliebt hatte, der aber auf der anderen Seite der Una lebte. Da Martas Eltern die Liebe zu dem Jungen verboten, machte sich das Mädchen eines Abends auf und wollte auf einer Furt (einer flachen Stelle im Fluss) die Una überqueren, als sie ausrutschte und in den wilden Stromschnellen verschwand. Lediglich ihre goldenen Locken waren kurze Zeit an der Oberfläche des smaragdgrünen Wassers noch zu sehen. Diese Furt (Brod) wurde schließlich nach Martin Brod (Martas Furt) genannt.



Unmittelbar vor der Siedlung von Martin Brod befindet sich das prachtvolle serbisch-orthodoxe Kloster Rmanj, das sich vor der gewaltigen Schlucht der Unac imposant erhebt. Das ursprünglich aus dem 15. Jahrhundert stammende Kloster wurde dem Heiligen Nikolaus geweiht und gilt als Zentrum des orthodoxen Glaubens in Bosnien und Herzegowina. Die Klosteranlage war über Jahrhunderte immer wieder belagert und besetzt worden, einst sogar über 100 Jahre von den Osmanen. Trotz Zerstörungen wurde es immer wieder aufgebaut und ist heute ein Nationaldenkmal mit bedeutenden sakrale Reliquien.



Gleich hinter dem Kloster Rmanj und seinen weiß strahlenden Gemäuern, verläuft der wilde und abenteuerliche Unca Canyon. Wir wandern auf einem breiten, mit Steinen durchsetzten Pfad entgegen dem Flusslauf der Unca, die im Sonnenlicht in magischen grün-blau Tönen erstrahlt. Dann geht es in völliger Dunkelheit 100 Meter durch einen alten Tunnel, ehe wir wieder in die unberührte Schlucht der Unac blicken. Ein weiterer Tunnel führt uns noch weiter in den Berg hinein. Aber Achtung am Ende wird es dann etwas gruselig. Denn hier sind Fledermäuse Zuhause und flattern in der Finsternis pfeifend um unsere Ohren. Ein aufregender und versteckter Trail in Martin Brod, der wunderschöne Ausblicke gewährt und den ihr nicht verpassen solltet.



Unsere Reise durch Bosnien und Herzegowina geht weiter und wir besuchen die Bergwelt des Blidinje Naturparks in Dinariaden. Zunächst erreichen wir den Blidinje Jezero, den größten Bergsee des Landes. Er liegt auf knapp 1.200 Meter Höhe und ist über zwei Kilometer breit und lang. Der See und dessen Ufer sind direkt mit dem Auto erreichbar. Eine Landstraße führt ein Stück am See entlang. Der Blidinje Jezero ist umrahmt von den mächtigen Felswänden des Cvrsnica und Vran, die mit weit über 2.000 Metern zu den höchsten Bergen des Landes gehören. Obwohl der Bergsee aufgrund seiner geringen Tiefe nur bedingt zum Baden einlädt, bietet er doch eine grandiose Landschaft in einer schier endlosen Hochebene und Berggipfeln, die sich auf seiner Oberfläche widerspiegeln.



Etwa eine Stunde Fahrt weiter liegt im Landesinneren der Jablanica Jezero, ein Stausee des Wildflusses Neretva, der als kältester Fluss der Welt gilt. Der Stausee ist vor allem bei Einheimischen ein beliebter Rückzugsort um den heißen Temperaturen an der Küste und im Flachland zu entfliehen. Aufgrund seiner natürlichen von Wäldern und Bergen umschlossenen Lage wird es am Jablanica See im Sommer tagsüber zwar auch bis über 30 Grad warm, in der Nacht fällt das Thermometer jedoch auf angenehme 10 bis 15 Grad. Der 30 Kilometer lange und bis zu 70 Meter tiefe See bietet nicht nur eine wunderschöne Landschaft, sondern auch viel Ruhe und Abgeschiedenheit. So findet jeder seinen Platz an den etlichen Ufern und Kiesbänken. Obwohl der See von der kalten Neretva gespeist wird, liegt die Temperatur des Sees im Sommer bei angenehmen 20 bis 24 Grad. Wer auf der Suche nach Ruhe und Entspannung in der Natur ist, sollte den Jablanica Jezero auf dem Zettel haben.



Auf dem Zettel steht dann nämlich auch die nächstgelegene Stadt. Konjic liegt gerade einmal 10 Fahrminuten vom östlichen Seeufer entfernt und verbindet urbanes Flair und kunstvolle Architektur mit einer grandiosen Naturkulisse. In einem grünen Tal an den Ufern der Neretva gelegen, blickt die knapp 30.000 Einwohner Stadt auf eine bewegte und ereignisreiche Vergangenheit zurück. Es ist ein idealer Ort um ein Gespür für kulturelle Geschichte des Landes zu entwickeln. Bis 4.000 Jahre reicht die frühe Geschichte der Siedlung zurück. Im 14. Jahrhundert fand Konjic allerdings erstmal bedeutendere Erwähnung. In den folgenden Jahrhunderten ereilte die Stadt das gleiche Schicksal wie ganz Bosnien und Herzegowina, sie fiel unter osmanische Herrschaft. Die islamische Architektur prägt bis heute Teile des Stadtbildes. So überspannt die osmanische Alte Brücke aus dem 17. Jahrhundert die Neretva und teilt an dieser Stelle Bosnien mit Herzegowina. Während der österreichisch-ungarischen Besatzung erhielt die Stadt dann auch europäische Einflüsse und verband diese eindrucksvoll mit der osmanischen, bereits bestehenden, Architektur. Mit dem Ersten Weltkrieg gelangte Konjic dann auch unter die Herrschaft Jugoslawiens. Im Kalten Krieg baute Präsident Tito schließlich zahlreiche Kommandozentralen und Bunker in der Stadt. Diese gelten heute als Touristenattraktion und können besichtigt werden. Ein Streifzug durch die kleine Stadt bietet also eine kleine Zeitreise und viele spannende Erlebnisse. Nur wenige Kilometer von Konjic entfernt, führt eine traumhafte Offroad Straße nach Lukomir auf knapp 1.500 Meter Höhe. Es ist somit das höchste Dorf des Landes. Die Reise dorthin ist nicht nur abenteuerlich, sondern auch wie zurück in eine andere, vergangene Zeit. Leider haben wir den Weg nach oben nicht auf uns genommen, da man dafür unbedingt ein Geländefahrzeug benutzen sollte um größere Schäden am eigenen Auto zu vermeiden.



Vorab bereits öfter erwähnt, wollen wir euch natürlich den bedeutendsten Fluss der Herzegowina vorstellen, die Neretva, der kälteste Fluss der Erde und eines der absoluten landschaftlichen Highlights des Balkanstaates! Sie fließt insgesamt 225 Kilometer, 203 davon in Bosnien und Herzegowina und 23 in Kroatien. Ihr Ursprung liegt im Osten an der Grenze zu Montenegro. Dabei entspringt sie im Gebirge auf über 1.100 Metern aus einer Quelle im Karstgestein. Dies erklärt auch die Kälte der Neretva, die neben Konjic übrigens auch die berühmte Brücke in Mostar durchfließt. Der smaragdgrüne Wildfluss hat dabei atemberaubende Landschaften geformt und wird von grünen Tälern, idyllischen Dörfern und mächtigen Bergmassiven umrahmt. Besonders eindrucksvoll erlebt man die landschaftliche Schönheit im Neretva Canyon auf dem Weg vom Jablanica Jezero nach Mostar. Hier verengen sich die steilen Felswände um den Flusslauf und bieten einen spektakulären Kontrast zur leuchtenden Farbe der Neretva. Kilometer weit reicht die Schlucht hinein in eine unberührte Naturkulisse. So erhält man bei einer Kajak Tour einzigartige Einblicke in die unberührte Landschaft des Neretva Canyons.



Wir folgen der Neretva in den Süden und erreichen etwa 15 Fahrminuten südöstlich von Mostar das zauberhafte Derwischkloster von Blagaj. Das wohl schönste Kloster Bosnien und Herzegowinas liegt am Ufer der Buna-Quelle und ist eines der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten des Landes. Und das nicht umsonst, denn die Klosteranlage bietet einmalige Fotomotive. So ist sie in mächtige Karststeinklippen eingebettet und seine 600 Jahre alten Gemäuer spiegeln sich im glasklaren und tiefblauen Quellwasser der Buna wider. Ein wirklich magischer Ort, der auf wunderbare Art und Weise alte Traditionen und Baukunst mit einer märchenhaften und natürlichen Umgebung vereint. Der Eintritt und Zugang in das Derwischkloster (Tekija) und dessen Räumlichkeiten kostet 10 EUR. Für uns etwas teuer für die Besichtigung der wenigen, spärlich ausgestatteten Räume der ehemaligen islamischen Bruderschaften (sog. Tekken), die hier einst hausten und ihrem Glauben nachgingen. Denn den besten Blick auf die Anlage erhalten wir vom anderen Ufer der Buna und dies völlig kostenlos. Die Quelle der Buna ist übrigens die größte Quelle des Landes und eine der stärksten in ganz Europa. So schimmert ihr karsthaltiges Wasser zunächst in kräftigen Blautönen, ehe es sich im Sonnenlicht in ein funkelndes Grün verwandelt.



Kurz darauf erreichen wir die wahrscheinlich berühmteste Stadt Bosnien und Herzegowinas. Mostar darf natürlich auf keiner BIH Reise fehlen. Dazu ist Mostar einfach zu schön, zu lebendig, zu spannend und vor allem zu vielseitig und abwechslungsreich. Die Stadt verbindet sowohl Tradition und Moderne, als auch die Toleranz und Akzeptanz von verschiedenen Religionen. Wer durch die zugegebenermaßen teilweise überfüllten Gassen von Mostar schlendert, erlebt einen spürbar historischen Ort mit viel Charme und Flair. Mit 115.000 Einwohnern ist die Stadt die größte in Herzegowina und so etwas wie die heimliche Hauptstadt, zumindest wenn es um Touristen geht. Sie ist auch der Hauptort des Kantons Herzegowina-Neretva. Auf lediglich 60 Metern Höhe gelegen, ist Mostar von einem Kessel von Bergmassiven eingeschlossen. Die bewegte und ereignisreiche Vergangenheit hat die Stadt und ihre Architektur bis heute maßgebend geprägt. Der Ursprung begann vor allem ab dem 15. Jahrhundert, als die Osmanen Herzegowina eroberten und den Übergang über die Neretva zum Verwaltungssitz ausbauen ließen, so auch der Name Mostar (=Brückenwächter). Bald lag auch die politische Macht, zumindest vorübergehend, in Mostar. Und auch die berühmte Steinbrücke Stari Most wurde in den Jahren 1556 und 1566 erbaut. Sie gilt bis heute als das Wahrzeichen der Stadt. Im Jahr 1878 geriet ganz Bosnien und Herzegowina dann unter österreichisch-ungarische Verwaltung und auch der Sitz des Bischofs wurde hier her verlagert. Schließlich fiel mit dem Ersten Weltkrieg Mostar an Jugoslawien. Während des Bosnien Krieges kam es in der Stadt zu zerstörerischen Kämpfen zwischen Bosniaken, serbischen und kroatischen Bosniern. Vor allem aber der kroatisch-bosniakische Krieg, als Teil des Bosnien Krieges, dominierte das Geschehen in und um Mostar. So wurde auch die berühmte Stari Most, das Wahrzeichen Mostars, durch kroatische Angriffe gezielt zerstört und die Stadt spaltete sich in einen kroatischen und einen bosniakischen Teil. Die beidseitig grausamen Kämpfe endeten schließlich durch das Abkommen von Washington im Jahr 1994. Die Brücke Stari Most, die seit 2005 zum UNESCO Welterbe gehört, wurde zwischen 1996 und 2004 wieder aufgebaut und so sind beide Teile der Stadt heute wieder miteinander vereint. Heute ist die graue und triste Vergangenheit Mostars längst bunten und quirligen Bazaren gewichen, die alle Nationen und Völker miteinander verbinden und wieder ins Gespräch bringen. Unzählige Souvenir Geschäfte, Boutiquen, Cafés und Restaurants zieren inzwischen die eng durchdrungenen und verwinkelten Gassen. Wir flanieren munter durch die bezaubernde Altstadt und entdecken hinter jeder Ecke kleine Highlights. Bei einem kräftigen bosnischen Mokka genießen wir die grandiose Aussicht auf die Stari Most und die ausgedörrte Umgebung. Im Sommer kann es hier heiß werden, sehr heiß. Und vielleicht kommen wieder nächstes Mal im Frühjahr oder Herbst denken wir uns, während wir die Füße in der erfrischenden Neretva abkühlen.



Nach unserem Städtetrip nach Mostar wartet nun wieder Natur pur auf uns. Wir wandern zum wahrscheinlich schönsten Aussichtspunkt von ganz Bosnien und Herzegowina, dem Hajducka Vrata im Blidinje Naturpark. Das Hajducka Vrata (Hajduken Tor) ist ein geschütztes Naturdenkmal, das sich auf 2.000 Metern auf dem Cvrsnica Massiv befindet. Die Legende des skurrilen Steinkreises besagt, dass einst die Gesetzlosen und Freiheitskämpfer (Hajduken) durch das natürliche Tor gingen um für ihre Gegner unverwundbar zu werden. Ob wahr oder nicht, der Ausblick auf und aus der Hajduken Tor ist jedenfalls legendär! Wir starten unsere Wanderung von Vitlenica oberhalb der Ortschaft Risovac. Etwa 4 Kilometer gut zu befahrene Schotterpiste bringen uns zum Stsrtpunkt. Die Hajducka Vrata ist dort mit 4 Stunden angeschlagen. Insgesamt sind auf dem Hin und Rückweg etwa 18 Kilometer und knapp 800 Höhenmeter zu überwinden. Die angegebenen 4 Stunden für den Aufstieg scheinen hier schon etwas großzügig geschätzt zu sein. Im Sommer sind die Wege gut markiert und technisch einfach zu begehen, sofern eine gewisse Trittsicherheit und Grundkondition vorhanden ist. In unserem Alpenraum wäre die Wanderung wahrscheinlich als rote, mittelschwierige Wanderung einzuordnen. So ziehen wir also los und durchqueren zunächst in mäßiger Steigung Wälder, ehe wir ein Hochplateau erreichen und sich der Ausblick über der Baumgrenze auf etwa 1.500 Metern langsam öffnet. Nun gelangen wir über erdige und steinige Steige aus einem Kessel hinauf und wandern in moderater Steigung weiter. Schließlich erfolgt ein letztes steiles, felsiges Stück und wir stehen bereits auf dem Sattel. Von hier sind es dann laut Beschilderung noch eine Stunde zur Hajducka Vrata. Die letzten Meter verlaufen über eine Art Höhenweg nur noch leicht bergauf und bergab. Schließlich erreichen wir kurz vor unserem Ziel noch einen kleinen Bergsee, der allerdings nicht wirklich einladend aussieht. Dann erblicken wir das mächtige Felsentor, das mit einem fünf Meter Durchmesser über dem Abgrund zu thronen scheint. Hier bieten sich einzigartige Fotomotive und ebenso fantastische Ausblicke auf die Dinarischen Berge und die Schlucht der Diva Grabovica, die von hier fast 1.800 Meter hinabfällt. Ein wahrhaft unvergesslicher Ort, der jeden Höhenmeter wert ist!



Unser letzter Stopp bleibt der Landeshauptstadt Sarajevo vorenthalten. Eine pulsierende und aufregende Stadt, die Orient und Okzident unverwechselbar miteinander verbindet. Anders als Mostar liegt Sarajevo hoch auf über 500 Metern und ist von bis zu 2.000 Metern hohen Bergen umgeben. Die Stadt, in deren Großraum etwa 550.000 Menschen leben, ist wahrscheinlich die einzige wirkliche Großstadt in BIH. Während es im Rest des Landes eher beschaulich zugeht, erlebt man in Sarajevo echtes City Flair. Prunkvolle Gebäude und Paläste zieren das Straßenbild ebenso wie heruntergekommene Schluchten von Hochhäusern. Ein osteuropäischer Clash, der in vielen ehemaligen sowjetisch geprägten Metropolen zu finden ist. Der südöstliche Teil der Stadt gehört administrativ zur Republika Srpska. So wird die ganze Stadt in deren Verfassung sogar als Hauptstadt geführt, obwohl sich der Regierungssitz tatsächlich in Banja Luka befindet. Vor allem drei historische Ereignisse aus dem letzten Jahrhundert prägen Sarajevo bis heute. Eines davon löste einst gar den Ersten Weltkrieg aus, nämlich das Attentat von Sarajevo. So wurde 28.06.1914 der österreichisch-ungarische Thronfolger Franz Ferdinand durch den serbischen Nationalisten Gavrilo Princip ermordet. Erfreulicher war das Ereignis der Olympia Winterspiele im Jahr 1984, die der Stadt einen enormen Aufschwung brachten. Und natürlich die Verbrechen während des Bosnien-Krieges in den 90er Jahren, die an vielen Orten und Mahnmalen in der Stadt noch offenkundig zu erleben sind, u.a. Einschusslöcher oder die "Rosen von Sarajevo", die an die eingeschlagenen Granaten erinnern. Ähnlich wie in Mostar leben einstige Feinde heute wieder friedlich miteinander in der Stadt. Inzwischen ist Sarajevo Sinnbild für Toleranz, in der Moscheen neben Kirchen und Klöstern stehen. Der Einfluss und das Verschmelzen von Osten und Westen ist im Stadtbild spürbar. In der Altstadt (Stari Grad) fühlen wir uns wie auf einem türkischen Bazar. Cafés, Souvenir Geschäfte, Galerien, Sishabars und Restaurants reihen sich aneinander. Die Menschen sind gastfreundlich und aufgeschlossen. Man kommt schnell ins Gespräch und es herrscht eine ungezwungene Atmosphäre. Die Gerüche, die Geräusche, die Farben, alles ist intensiv zu spüren. Zwischen verschleierten Frauen und kurzen Sommerkleidern, erklingt der Ruf des Muezzins aus der Moschee. Tradition und Moderne, das wird in Sarajevo gelebt. Der Baščaršija, ist der größte Marktplatz des Landes, wir lassen uns hier treiben und gelangen zum Sebilj Brunnen, dem Wahrzeichen der Stadt. Sarajevo lädt zum Genießen und Entdecken ein. Die junge Metropole zwischen Osten und Westen, reich an Tradition und Moderne, die Menschen inzwischen verbindet anstatt sie zu trennen. Die Stadt steht für Toleranz und Vielfalt und wird euch viele spannende Momente und unvergessliche Eindrücke bescheren.



Das war unsere aufregende Reise durch Bosnien und Herzegowina, einem Land, das uns mit seiner Landschaft und Natur verzaubert hat, mit der seiner Geschichte zum Nachdenken gebracht hat und schließlich mit seiner Kultur und Gastfreundschaft begeistert hat! Wir hoffen euch haben unsere Highlights des Balkanstaates gefallen und ihr überzeugt euch selbst bald von der Schönheit des Landes.


 
 
 

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