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Das alte Land - Armenien

Autorenbild: Thomas GräbelThomas Gräbel

Aktualisiert: 2. Sept. 2023


Eine Reise in das noch unbekannte Armenien wird euch überraschen, ja wahrscheinlich sogar begeistern. Die ehemalige Sowjetrepublik liegt in der gebirgigen Kaukasusregion in Vorderasien und hat einiges an Highlights zu bieten. Denn fernab des Massentourismus findet man in dem kleinen Land, das mit knapp 30.000 Quadratmeterkilometern nicht Mal die Hälfte der Fläche von Bayern besitzt, noch absolute Ursprünglichkeit vor. Daneben erwartet Armenien seine Besucher vorallem mit atemberaubenden Landschaften und einer uralter Kultur. So gehörte das Land zu den frühesten christlichen Kulturen und weist dadurch noch heute zahlreiche religiöse Stätten auf, die mitunter zum UNESCO Weltkulturerbe zählen. Die Jahrtausende lange Vergangenheit Armeniens ist bewegt und ereignisreich. Das ist auch heute in der Gegenwart noch zu spüren. Eine Reise zu einer der ältesten Zivilisationen unserer Erde ist verbunden mit Abenteuer und zugleich Erlebnis. Die historischen Baudenkmäler betten sich zum Teil in sagenhafte Landschaften ein. Spannende Kultur und faszinierende Natur liegen in Armenien oft hautnah zusammen. Überhaupt ist die unglaublich vielfältige Natur des Kaukasusstaates ein weiterer Grund hierher zu kommen. Auf einer geringen Fläche erstrecken sich pittoreske und schroffe Felsschluchten, einsame Steppenlandschaften und riesige bis über 4.000 Meter hohe Berggipfel, bis hin zu endlosen, grünen Wäldern, glasklaren Seen und sanften Weinhügeln. Armenien, das ist Naturkino pur.


Ein Pluspunkt als Reisender ist auch die liebevolle Gastfreundschaft der Einheimischen, welche durch Tradition und Herzlichkeit geprägt ist. Die Familie steht dabei im Zentrum des Lebens. Jeder hilft, wo er kann. Auch wenn es mit der Verständigung manchmal holprig läuft. Viele Armenier sprechen aufgrund der gemeinsamen Vergangenheit russisch. Englisch hingegen ist bei der jüngeren Bevölkerung mehr verbreitet. Wo Einheimische und Touristen immer auf den selben Nenner kommen, ist die Kulinarik. Denn diese wird in Armenien gelebt, es wird gut und reichlich gegessen. Vorallem frisches Fleisch und bunte Salate stehen oft auf der Speisekarte.


Es gibt also ziemlich viele gute Gründe um in das kleine knapp drei Millionen Einwohner Binnenland zu reisen. Auf unserer Rundreise durch Armenien stellen wir euch die schönsten Orte vor und geben euch nützliche Tipps und Informationen zu Land und Leuten. Vielleicht steht danach Armenien auch ganz oben auf eurer Reise-Bucketlist.


Ehe wir loslegen, hier noch ein paar Fakten zu der ehemaligen Sowjetrepublik. Armenien grenzt im Norden an Georgien, im Osten an Aserbaidschan, im Südosten an den Iran und von Südwesten bis Westen an die Türkei. Das Verhältnis Armeniens zu seinen "Brüdern" aus Georgien ist hervorragend. Eine gemeinsame Kultur und Historie verbindet die beiden christlich-orthodox geprägten Staaten. Viele Armenier verbringen ihren Urlaub in Georgien und auch umgekehrt. Auch das Verhältnis zum Iran ist durchaus gut. Gemeinsame Handelsbeziehungen sorgen für ein gelebtes Miteinander. Leider ist zuletzt das Verhältnis zur Türkei und vorallem Aserbaidschan von großen Spannungen geprägt und die Grenzgebiete zu beiden Staaten geschlossen. In der autonomen Region Berg Karabach kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Kämpfen zwischen Armenien und Aserbaidschan. Grund hierfür sind, wie sooft, territoriale Integritäten. Trotz dieses schwellenden Konfliktes ist Armenien, fernab dieser unmittelbaren Grenzregion, ein sehr sicheres Reiseland. Die Kriminalitätsrate ist äußerst gering. Leider gibt es bei uns immer wieder Vorurteile und falschen Vorstellungen zu unbekannten Reisezielen wie es Armenien zweifellos ist. So fragten auch uns viele, wieso wir dorthin reisen und zeigten ihr Unverständnis. Aber so ist es, das Unbekannte wird oft mit Ängsten verbunden. Diese können wir euch allerdings nach unserer Reise durch das Land nehmen.


Die Währung ist der Dram (AMD) und im Vergleich zum Euro eher inflationär. Die Staatsform ist seit der wiedererlangten Unabhängigkeit von der UdSSR am 21.09.1991 eine parlamentarische Republik. Für die Einreise von Bürgern aus der EU und Länder des Schengen Abkommens wird kein Visum benötigt.


Wenn ihr euch über die Schrift in Armenien wundert: Armenisch wird mit einem eigenen armenischen Alphabet geschrieben, das im 5. Jahrhundert vom Mönch Mesrop Maschtoz entwickelt wurde. Es besteht aus 39 (ursprünglich 36) Buchstaben. Die Sprache wird von Wissenschaftlern zu einer der fortschrittlichsten und gleichzeitig ältesten der Welt gezählt.


Und was ist ein typisches Souvenir aus Armenien? Das Land gehört zu den erfolgreichsten Schachnationen der Welt. Dementsprechend beliebt ist das Spiel in der Bevölkerung, es gilt als Volkssport Nummer Eins. Auf der "Vernissage", einem Markt in Yerewan, gibt es holzgeschnitzte Schachfelder als tolles Mitbringsel für Zuhause. Außerdem wird in Armenien hervorragender Cognac (u.a. Ararat) und Wein produziert und in vielen Variationen angeboten.


Ein viel wichtiger Punkt ist aber natürlich das Klima.

Armenien liegt zwischen 350 und 4.090 Meter (Aragats) Höhe und wird zum großen Teil von einem kontinentalen Klima beherrscht. Die Sommer in Armenien sind in tieferen Lagen daher äußerst heiß und trocken. Die Winter können dagegen sehr kalt werden. So hängt der Reisezeit natürlich von den individuellen Bedürfnissen eines jeden Einzelnen ab. Im Winter gibt es zum Beispiel Skiresorts in Tsaghkazdor. Die Hauptreisezeit ist allerdings das Frühjahr von April bis in den Herbst (Oktober). Im April und Mai blüht die Landschaft nach der Schneeschmelze in prächtigen Farben, im Sommer lädt der Sevansee zur Abkühlung ein und im Herbst leuchten die endlosen Wälder in goldenem Glanz. So bietet jede Jahreszeit ihre Vorzüge. Wir reisen im August für 8 Tage durch das Land. Im Hochsommer empfiehlt es sich die höheren Ebenen als Rückzugsort aufzusuchen, denn im Flachland erreichen die Temperaturen nicht selten 40 Grad. So gibt es viele touristische Unterkünfte in bergigen Regionen.


Generell ist die touristische Infrastruktur im Land gut ausgebaut, wenn auch nicht immer auf Mitteleuropäer zugeschnitten, was durchaus auch gut so ist und vielen Guesthouses, Hotels und Resorts den entsprechenden Charme verleiht. Das Straßennetz ist manchmal etwas holprig aber die wichtigsten Sehenswürdigkeiten sind problemlos erreichbar. Das Haupt Fortbewegungsmittel ist das Auto. Einen öffentlichen und vorallem zuverlässigen Nahverkehr gibt es nur in der Hauptstadt Jerewan. Zwar verbinden Busse einige Orte im Land. Wann, wie und wo sie fahren ist für Touristen aber schwer nachvollziehbar. Das Preisniveau ist für westliche Reisende übrigens äußerst gering. Die meisten Dinge kosten nur einen Bruchteil von dem was es bei uns kostet. Ihr könnt also nicht nur sicher, sondern auch sehr günstig durch Armenien reisen.


Also starten wir nun endlich in unser Abenteuer Armenien!


Nach etwa vier Flugstunden mit WIZZ Air erreichen wir den internationalen und größten Flughafen des Landes vor den Toren der Hauptstadt Jerewan (etwa 25 Fahrminuten). Die mit Abstand größte Stadt des Landes ist für viele Reisende Ausgangspunkt ihrer Armenienreise. Für uns wird es der Endpunkt sein. Unsere ersten Ziele befinden sich zunächst im Norden des Landes. Unser Hotel beziehen wir deshalb in Aghveran, einem kleinen Bergdorf auf 2.000 Metern, das von Hotels und Guesthouses geprägt ist. Hier finden wir im August die nötige Abkühlung. Temperaturen um die 25 Grad und klare Bergluft sind ideale Bedingungen. Grundsätzlich sollte man wissen, dass die Distanzen in Armenien nicht groß sind. Allerdings lassen die bergige Landschaft und die Straßenverhältnisse schnelleres Fahren oft nicht zu. Dennoch können viele Sehenswürdigkeiten in einer Tagestour von einem zentralen Startpunkt bequem erreicht werden. Entweder per Mietwagen (aufgrund der Urlaubszeit der Armenier im August sehr teuer, ca. 500 bis 600 EUR pro Woche) oder mit einer organisierten Tour von verschiedenen Tourenanbietern (z.B. GetyourGuide). Oft werden auch vom Hotel Touren zu den touristischen Orten angeboten. Oft muss man einfach nur etwas rumfragen.


Unser erste Station führt uns zum Kloster Sewanawank, welches auf einer Halbinsel oberhalb des Ortes Sewan liegt. Es zählt zu den absoluten Hauptattraktionen Armeniens. Dies merken wir auch als wir nach knapp einer Stunde Fahrtzeit und 50 Kilometern am Fuß des heillos überlaufenen Klosterberges ankommen. Etliche Geschäfte und Souvenirläden schmiegen sich an den Hang über dem wunderschönen Sewansee, zu dem wir später noch gelangen. Hier finden sich wohl die meisten Touristen an einem Ort an zusammen. Kein Wunder! Das Kloster liegt wirklich malerisch und erhaben über dem See. Nach unzähligen Stufen erhalten wir einen atemberaubenden Rundumblick vom Plateau auf die Berge, das Kloster und den See. Eine traumhafte Kulisse, wenn auch etwas überlaufen. Gerade zum Sonnenuntergang herrscht hier oben eine besondere Atmosphäre. Das Kloster stammt aus dem 9. Jahrhundert und war lange Zeit ein Wallfahrtsort. Heute dient es für viele vorallem alles perfekter Fotospot.



Nachdem wir das Sewanawank Kloster auf der Halbinsel an der nördlichen Westküste des Sewansees besucht haben, erkunden wir nun den See direkt zu seinen Ufern. Nicht umsonst wird der größte Süßwassersee des Kaukasus auch die "Perle Armeniens" genannt. Er ist ein wirkliches Naturjuwel unweit der Grenze zu Aserbaidschan! Mit einer sagenhaften Länge von knapp 80 Kilometern und einer Breite von 56 Kilometern erreicht er ein gigantisches Ausmaß. Das Wasser des bis zu 80 Meter tiefen Sees schimmert in türkisfarbenen Tönen und lässt dadurch jedes Meer vergessen. An den Ufern erheben sich die imposanten Berge des Sewangebirges, die sich weit über 3.000 Meter erheben. Der Sewansee selbst liegt jedoch auch schon auf über 1.900 Metern (einer der größten Hochgebirgsseen der Erde) und ist daher die ideale Erfrischung für die heißen Sommertage im August. Das Wasser erreicht im Hochsommer frische 21 Grad. Also ab in die Fluten! Während das Westufer des Sees teilweise sehr touristisch geprägt ist (auch durch das Kloster Sewanawank), geht es am östlichen Ufer noch ursprünglich zu. Am Port Ayas (einer kleinen bewirtschaften Ferienanlage) genießen wir in völliger Abgeschiedenheit und Ruhe, umgeben von dieser atemberaubenden Naturkulisse, den kilometerlangen, einsamen Strand! Da fällt einem glatt der Spruch ein: "Wenn ich dich See, brauch ich kein Meer"!



Weiter geht es in die nordarmenische Provinz Tawusch. Etwa 30 Kilometer oberhalb des Sewansees befindet sich der idyllisch gelegene Kurort Dilidschan. Auf 1.500 Metern liegt das 15.000 Einwohner Städtchen inmitten dichter Wälder und sanfter Berge. So wird Dilidschan, oder auch Dilijan, oft als "Kleine Schweiz" Armeniens bezeichnet und ist einer der wichtigsten Tourismus- und Erholungsorte des Landes. Unzählige Wander- und Spazierwege führen in die noch unberührten Wälder. Wir lassen uns durch das Zentrum des Ortes treiben. Hier befindet sich entlang der Scharambejan-Straße die restaurierte Altstadt. Es sind einige Museen und eine Galerien zu finden. Nette Cafés und Restaurants haben sich ebenso niedergelassen. Von der hervorgehobenen Altstadt erhalten dann auch herrliche Ausblicke über die grüne und weite bergige Landschaft. Da Dilijan und der angrenzende Nationalpark übrigens reich an Mineralien sind, wird dem dortigen Mineralwasser eine heilende Wirkung nachgesagt. Ja dann, Prost.



Eine der Hauptsehenswürdigkeiten des Nationalparks Dilidschan ist das 15 Kilometer nördliche gelegene Kloster Haghartsin. Es liegt inmitten eines dicht bewachsenen Eichenwaldes und stammt aus dem 10. Jahrhundert. Wie sehr die christliche Religion in Armenien verwachsen ist, zeigt die Tatsache, dass es das erste Land in der Geschichte ist, in dem das Christentum Staatsreligion wurde. Thaddäus und Bartholomäus, beide Apostel von Jesus Christus, haben in Armenien gepredigt. Nach ihnen wurde auch die Armenische Apostolische Kirche benannt. Gregor der Erleuchter (Lusavorich) taufte Armenien im Jahr 301 schließlich und wurde der erste Katholik aller Armenier. Und so wurde Armenien der erste christliche Staat der Geschichte und das Haghartsin Kloster Wallfahrtsort für viele Armenier.



Dass Armenien auch tolle Wanderregionen bietet, erleben wir auf einer einsamen Wanderung auf dem zehn Kilometer langen Aghveran Loop-Trail, der uns nach schweißtreibenden 500 Höhenmeter auf 2.500 Meter bringt. Von hier blicken wir vom wunderschönen Bergrücken des Tsaghkunyats-Gebirges hinab. Die von einem Vulkanfeld gebildete Bergkette erstreckt sich vom Pambak-Gebirge im Norden bis zum rechten Ufer des Hrazdan-Flusses im Südosten. Der höchste Gipfel ist der knapp 3.000 Meter hohe Berg Teghenis, den wir von unserem Weg aus bestaunen können. Nach wenigen Stunden gelangen wir schließlich wieder zum Ausgangspunkt der Wanderung, dem Arthurs Aghveran Resort in Arzakan. Eine herrliche und gut ausgeschilderte Rundwanderung mit einem fantastischen Weitblick in die ursprüngliche Wildnis des Tsaghkunyat-Gebirges.



Nach unseren Stationen im Norden geht es von Aghveran nun hinab in den Süden. Wir fahren zunächst vorbei am westlichen Ufer des Sewansees und erreichen nach über 2 Stunden Fahrt und 130 Kilometern den Gebirgspass Vardenyats, von welchem wir auf knapp 2.400 Metern einen fantastischen Ausblick auf das Tal und Bergwelt erhalten. Hier tauchen wir ein in die mystische Selim Karawanserei (auch Orbelians Karawanserei genannt). Im Jahr 1332 wurde diese von Prinz Chesar Orbelian erbaut um müde Reisende und ihre Tiere bei der Überquerung der bergigen Region unterzubringen und Rast zu gewähren. Im mittelalterlichen Armenien waren die Karawansereien eine große Entwicklung. So lagen sie an den großen Handelsstraßen und stellten die Versorgung der Städte durch die kommerziellen Karawanen sicher. Als wir zur Mittagszeit die Selim Karawanserei betreten, bietet sich ein wunderschönes Lichtspiel aus den hellen Sonnenstrahlen, die in die dunklen Kammern der Karawanserei fallen.



Nach einer weiteren Stunde und knapp 50 Kilometer südlich gelangen wir zum spektakulär gelegenen Kloster Norawank. Während am Vardenyats Pass noch in eine erdbraune Landschaft dominierte, gelangen wir nun in eine tiefe Schlucht, die von ziegelroten Felsformationen überragt wird. Am Ende erhebt sich auf einer Anhöhe schließlich das Noravank Kloster, das aus dem 13. Jahrhundert stammt und in der pittoresken Amaghu Schlucht liegt. Rote Klippen überragen das Kloster, in dem bis ins 19. Jahrhundert die fürstliche Grablege der Orbelian Dynastie war. Eine einzigartige Kulisse, die Kultur und Natur ineinander fließen lässt. Wir spazieren einen Pfad oberhalb des Klosters entlang und erhalten tolle Ausblicke auf die Anlage und die Amaghu Schlucht. Der sakrale Bau steht seit 1996 auf der Tentativliste (Vorschlagsliste) der UNESCO als Weltkulturerbe. Übrigens liegt in der Region Areni, unweit des Klosters, das älteste Weingut der Welt. Hier wurde vor wenigen Jahren in den Höhlen der Felsen im Dorf Areni eine Weinkellerei entdeckt, die über 6.000 Jahre alt ist. Noch heute ist das Dorf berühmt für seinen dort produzierten Wein.



Nun geht es in den Westen Armeniens, unmittelbar an der Grenze zur Türkei liegt die Region Ararat. Dort liegt in Sichtweite zum biblischen Berg Ararat die wohl bedeutendste und wichtigste kulturelle und religiöse Stätte, das Chor Virap. Dass Papst Franziskus im Jahr 2016 das sakrale Bauwerk besuchte, unterstreicht die Besonderheit dieses Ortes. Aber nicht nur die Klosteranlage selbst, sondern auch die umliegende Naturkulisse mit dem Ausblick auf den Heiligen Berg Ararat zieht die Besucher an. Der Gipfel des Ararat, an dem einst die Arche Noah gestrandet sein soll, ist zwar oft von Wolken verhüllt, hat man aber Glück, so gibt es kaum einen besseren Ort, um den mystischen 5.137 Meter hohen Berg fast hautnah zu bewundern. Obwohl der Ararat heute auf dem Staatsgebiet der Türkei liegt, ist der Fünftausender bis heute ein nationales Symbol der Armenier. Übersetzt bedeutet Chor Virap übrigens "tiefes Verlies". Und spätestens wenn man innerhalb der Klosteranlage durch eines von zwei Löchern im Boden und über eine lange Leiter in das unterirdische Gefängnis hinabsteigt, erkennt man, weshalb das Kloster so genannt wird. In diesen Höhlenzellen soll der Heilige Gregor gegen Ende des 3. Jahrhunderts von König Trdat III. 13 Jahre eingesperrt worden sein, um ihn von seinem christlichen Glauben abzubringen. Ob es sich tatsächlich um das unterirdische Verlies handelt, wo heute Chor Virap steht, oder ob es in einer anderen nahegelegenen Höhle geschehen ist, weiß niemand mit hundertprozentiger Sicherheit.

Weder die Gefangenschaft noch die Folter konnte Gregor aber etwas anhaben. Und so ließ ihn der mittlerweile an einer unheilbaren Hautkrankheit leidende König Trdat III. nach 13 Jahren frei, weil er sich vom unbeugsamen Gregor Heilung versprach. Doch nicht nur das: Im Jahre 301 entschied der König, dass die Armenier das erste Volk der Welt sein sollten, die das Christentum offiziell als Staatsreligion annehmen sollten. Chor Virap ist also unweigerlich mit der uralten Geschichte Armeniens verbunden.



Etwa 30 Kilometer oberhalb von Chor Virap befindet sich unterhalb der Hauptstadt Yerewan das Azat Reservoir, das wir als nächstes besuchen. Wie abwechslungsreich und vielfältig die armenische Landschaft ist, zeigt sich hier ein weiteres Mal eindrucksvoll. Der glasklare Stausee, der vom Azat Fluss gespeist wird, wird umrahmt von einzigartigen Gebirgsformationen und einer bunten Landschaft aus verschiedensten Erdfarben. Was für ein Anblick! Der Stausee wurde einst zur Bewässerung und Wasserkrafterzeugung angelegt.



Auf unserem Weg zum nächsten Halt in Garni passieren wir einen Aussichtspunkt mit einem wunderschönen Blick auf den mächtigen Ararat. Der ruhende Vulkan liegt im armenischen Hochland und gehört doch zu Ostanatolien. Er ist somit der höchste Berg der Türkei.



Nun gelangen wir in die Provinz Kotayk. Hier liegt 30 Kilometer südöstlich von Yerewan der Garni Tempel, das einzige heute noch erhaltenene heidnische Bauwerk in Armenien und gleichzeitig auch das einzige hellenistische Denkmal im postsowjetischen Raum. Der Tempel war einst dem Sonnengott Mithra geweiht und stammt wohl aus dem ersten Jahrhundert. Nach der Christianisierung verlagerte das armenische Königshaus ihre Sommerresidenz hierher. Die "Akropolis Armeniens" ragt heute imposant auf einem Plateau über einer mächtigen Schlucht am Fluss Azat. Am historischen Ort in Garni fanden auch epochale Ausgrabungen statt, die erste Besiedlungen des Gebietes bereits auf das dritte vorchristliche Jahrtausend zurückführen.



Unweit des Garni Tempels tauchen wir in eine ganz andere Landschaft ab. In der Garni-Schlucht am Ufer des Azat Flusses befinden sich die sogenannten "Symphonie der Steine" oder auch "Basaltorgeln" genannt. Diese fast unwirklich wirkende Naturkulisse wirkt fast wie von Menschenhand entworfen. Die Symmetrie der Säulen ähneln einer Orgel und trotzen der Schwerkraft, in dem sie pittoresk nach unten hängen. So ganz wohl ist uns nicht, als wir unter den gigantischen Felsformationen umhergehen. Dennoch ist der Anblick wunderschön und es zeigt einmal mehr, was die unbändigen Naturgewalten erschaffen können.



Wenige Fahrminuten entfernt erreichen wir dann das Kloster Geghard, welches seit dem Jahr 2000 zum UNESCO Weltkulturerbe zählt. Das Höhlenkloster wurde im vierten Jahrhundert erbaut und gilt heute als einer der bedeutendsten Wallfahrtsorte der Kaukasus Region. Das geheimnisvoll in einer Schlucht gelegene Kloster wurde aus einer Felswand herausgeschlagen und ist einzigartig für seine Verzierungen und Steinmetzarbeiten. Verwinkelte und dunkle Gänge führen uns in verschiedene sakrale Kammern. Eine fast mystische Atmosphäre umgibt diesen Ort.

Das Kloster Geghard liegt am Eingang des Azat-Tals und wurde vom heiligen Gregor an einer alten heidnischen Quelle gegründet, die sich damals Nahe des Klosters befand. Der vollständige Name des Klosters Geghard lautet Geghardavank, was übersetzt soviel wie "Kloster zur heiligen Lanze" heißt. Dieser Name bezieht sich auf eine Legende, der zufolge früher eine Lanze des Apostel Thaddäus als wertvolle Reliquie im Kloster Geghard versteckt worden sein soll.



Abschließend zieht es uns noch in die armenische Hauptstadt nach Jerewan. Die eine Millionen Einwohner Metropole ist die einzige Großstadt Armeniens und somit auch wirtschaftliches und soziales Zentrum des Landes. Heute lassen die vielen sowjetischen Monumentalbauten vielleicht nicht darauf schließen, aber Jerewan gilt als eine der ältesten Städte der Welt. Sie wurde im Jahr 782 vor Christus von König Argitschi gegründet und ist somit sogar 29 Jahre älter als die ewige Stadt Rom. Natürlich haben die Jahrzehnte unter sowjetischem Einfluss das Stadtbild geprägt, dennoch hat sich die Stadt in den letzten Jahrzehnten neu erschaffen. Es gibt viele Grünanlagen. Hippe Bars und Cafés zieren die breiten Fußgängerwege. Es ist eine moderne und junge Stadt, der Staub vergangener Zeiten ist längst verflogen. Das Durchschnittsalter beträgt gerade einmal 34 Jahre. Der Platz der Republik ist einer der zentralen Treffpunkte in der armenischen Hauptstadt. Gerade im heißen August bietet der Platz direkt am Wasser eine willkommene Abkühlung. Weiter führt uns der Weg durch die großzügige Fußgängerzone, in der sich auch die größte Shopping-Mall befindet. Obwohl das Zentrum von Yerewan gut fußläufig erkundbar ist, verkehren auch U-Bahnen im Stadtbereich. Hinter der Fußgängerzone befindet sich das Staatstheater und dahinter die wunderschönen Kaskaden von Jerewan. Der weitläufige Treppenkomplex bietet wunderschöne Gärten, Brunnenanlagen und eine sensationelle Aussicht über die Stadt. Ein toller Ort zum Shoppen ist die Vernissage. Egal ob Souvenirs, Kunst oder Klamotten. Der quirlige Open-Air Handwerksmarkt bietet ein breites und vielfältiges Spektrum an meist lokalen Produkten. Natürlich mischt sich auch hier und da mal China-Ware dazwischen. Vorallem am Abend erwacht die Hauptstadt dann so richtig zum Leben. Wenn die Temperaturen sinken, füllen sich die Plätze und Restaurants der Stadt. Ein vorzügliches Restaurant mit herrlichem Ambiente und lokalen Spezialitäten findet ihr übrigens bei "Vostan". Hier stehen armenische Köstlichkeiten wie Kebab/Schaschlik oder gefüllte Weinblätter auf der Speisekarte. Dazu gibt es das typische armenischen Fladenbrot (Lavash), lokalen Wein und traditionelle Musikklänge. So können wir unsere Reise doch ausklingen lassen. Bis bald, du altes und so schönes Armenien.



Wir hoffen euch hat unser Reisebericht über das wundervolle Armenien gefallen und ihr seid auch bald zu Besuch in diesem spannenden und abwechslungsreichen Land, das von uralter Kultur geprägt und von seiner einzigartigen Natur geformt wurde.

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