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AutorenbildThomas Gräbel

Wilde Naturschönheit - Die Azoren

Aktualisiert: 22. Okt. 2023


Das "Azorenhoch" ist vielen aus der Wettervorhersage im Fernsehen sicherlich ein Begriff. Die portugiesische Inselgruppe im Atlantik selbst ist dagegen noch weitgehend unbekannt. So findet man hier noch keine riesigen Bettenburgen. Es geht noch beschaulich und authentisch zu. Und genau das macht auch den Charme der Inselgruppe aus. Unberührte grüne, dramatische Landschaften, blühende Natur, der wilde Atlantik, mächtige Berge, sagenhafte Vulkanseen und idyllische Städte bieten ideale Bedingungen für einen einzigartigen Wander- und Natururlaub fernab des Massentourismus. Tropische Früchte, Weinberge und Teeplantagen zeigen dabei auch die landwirtschaftliche Vielfalt der Azoren. Die autonome Region Portugals liegt zwischen Europa und Amerika fast abgeschieden im rauen Atlantik. Die Landschaften wurden einst von Vulkanen geprägt und geformt. Der Inselarchipel besteht aus neun Inseln (Sao Miguel, Pico, Faial, Terceira, Flores, Santa Maria, Sao Jorge, Corvo, Graciosa) und zählt insgesamt 245.000 Einwohner auf neun Inseln und einer Fläche, die mit knapp 2.400 Quadratkilometern, kleiner wie das Saarland ist. Trotz der kleinen Fläche sind die Inseln in Sachen Vielfalt kaum zu überbieten. Neben der einzigartigen Natur, trifft man auch auf ein reiches geschichtliches Erbe. Die größte und touristischste Insel ist Sao Miguel mit der historischen "Inselhauptstadt" Ponta Delgada. Hier landen die meisten Urlauber. Auch wir besuchen die "Hauptinsel" der Azoren. Gerade für Neulinge auf den Azoren ist es der ideale Startpunkt. Denn dort findet man ein perfektes Gesamtpaket der Highlights der Inseln vor. Auf der zweitgrößten Insel Pico liegt übrigens auch der gleichnamige höchste Berg Portugals mit einer Höhe von 2.351 Metern.


Zu jeder Jahreszeit dominiert sattes Grün die spektakulären Insellandschaften der Azoren. Das liegt vor allem an dem besonderen Klima auf den Inseln. So scherzen die Einheimischen, dass man an einem Tag auf den Azoren alle Jahreszeiten erleben kann. Wind, Regen, Wolken, Sonne geben sich oft täglich die Hand. Hier wurde das "Aprilwetter" quasi erfunden. Es herrscht Ozeanisch-subtropisches Klima. Das bedeutet sehr milde Winter und warme, jedoch nicht all zu heiße Sommer mit Tagestemperaturen zwischen 19°C und 26°C. Das Meer erwärmt sich meist schon ab Juni auf über 20 Grad. Auch in den Wintermonaten liegt die Tagestemperatur bei etwa 15 bis 20 Grad. Ideale Bedingungen für einen aktiven Urlaub in der wunderschönen Natur. Aber wetterfeste Kleidung sollte man dann unbedingt immer dabei haben. Die beste Reisezeit auf den Azoren gibt es daher fast nicht, denn zu jeder Jahreszeit sind die Azoren ein lohnendes Reiseziel. Die Hauptsaison geht jedoch von Juni bis Oktober. Dann kann man auch wunderbar im Meer baden. Im Juni und Juli verwandeln unzählige Hortensiensträucher die Insel in ein wahres Farbenmeer. Richtig überlaufen ist der Inselarchipel auch in der Hauptreisezeit nicht. Im Winter hat man dann die Inseln aber fast für sich alleine. Zudem sorgt der milde Golfstrom für eine einzigartige Unterwasserwelt. Wale und Delfine tummeln sich nur so um die Inselgruppe. Die Azoren sind daher auch eines der Traumdestinationen für Taucher. Also ein wahrer Alleskönner in Sachen Urlaub, vorallem wenn man aktiv sein will.


Wir nehmen euch nun mit auf die "grüne Insel" Sao Miguel und zeigen euch die schönsten Plätze des Eilandes. Der Flug mit Ryanair von Nürnberg auf den internationalen Flughafen in Ponta Delgada dauert etwa 4.30 Stunden. Der britische Billigflieger bietet derzeit Direktflüge nach Sao Miguel an. Bei anderen Airlines, wie z.B. dem portugiesischen Flieger TAP, erfolgen oft Zwischenstopps in Lissabon. Wir haben uns für einen Urlaub im Mitte Oktober entschieden und entfliehen dem deutschen Schmuddelwetter. Auf Sao Miguel erwarten uns Temperaturen über 20 Grad. Die größte Azoreninsel eignet sich perfekt um mit dem Mietwagen erkundet zu werden. Die Strecken sind kurz, so fährt man vom äußersten Westen keine 1,5 Stunden in den äußersten Osten der langgezogenen Insel. Das Straßennetz ist hervorragend ausgebaut und wir befinden uns teilweise fast alleine auf den Straßen. Den Mietwagen haben wir wie üblich zuvor im Internet gebucht und direkt im übersichtlichen Flughafentermimal abgeholt. Schon ab etwa 150,- EUR bekommt man für eine Woche einen Vollkasko versicherten Kleinwagen, welcher übrigens auf dem kleinen Eiland vollkommen ausreichend ist.


Unser Appartement für eine Woche beziehen wir in dem kleinen Küstenort Capelas im Nordwesten der Insel, etwa 15 Kilometer und Fahrminuten von Ponta Delgada entfernt. Hier soll das beste Klima der Nordküste herrschen, so sagt man. Und tatsächlich können wir während unseres Aufenthaltes viele Sonnenstunden genießen während es gegenüber in Ponta Delgada oft wolkenbehangen ist. In der Vergangenheit spielte der Walfang in Capelas eine bedeutende Rolle. Bis in die 1970er Jahre war ein wichtiger Nebenverdienst für viele Inselbewohner. Die maschinelle Verarbeitung der Pottwale fand in einer, im Jahr 1942 erbauten, modernen Fabrik in Capelas statt. Drei Walfanggesellschaften gingen damals mit ihren Booten auf die Jagd. Heute ist von der Walfabrik nur noch der Schornstein übrig, zum Glück muss man sagen. Ansonsten ist Capelas ein schmucker, kleiner Ort, der wunderbar zum Meer gelegen ist. Hier offenbaren etliche Aussichtsplateaus auf den Felsklippen sensationelle Ausblicke auf die zerklüftete und pittoreske Küstenlandschaft.


Und genau diese Küstenlandschaft erwandern wir auf einem wunderschönen, etwa elf Kilometer (hin und zurück) langen Pfad. Hier erhalten wir spektakuläre Ausblicke auf das tosende Meer und die wildromantische Natur. Der Trial startet direkt in Capelas (Miradouro das Capelas) und verläuft fast immer entlang der Küste. Nach wenigen Minuten passieren die alte Walfabrik. Wie ein mahnender Finger erhebt sich nur noch der Schornstein aus der Ruine heraus. Wir folgen dem gut sichtbaren Weg weiter in Richtung des charmanten Küstenortes Fenais da Luz. Immer wieder fallen unsere Blicke hinab auf die schäumende See, die mit ihrer türkisblauen Farbe im starken Kontrast zu den schwarzen Felsen steht. Nachdem wir die bunten Häuser von Fenais da Luz passiert haben, gelangen wir zur kleinen Kapelle Igreja de Nossa Senhora dos Aflitos, die sich über den Klippen thront. Schließlich erreichen wir den Endpunkt Buraco de Sao Pedro, einem sagenhaften Aussichtspunkt auf einer kleinen Landzunge, die sich ins Meer erstreckt. Inmitten fällt ein kleinen Krater herab, der mit Meereswasser unterspült wird. Nach einer kleinen Rast geht es auf dem Hinweg zurück nach Capelas. Wir legen noch einen kleinen Abstecher ins Zentrum von Fenais da Luz ein und bestaunen die wunderschöne Kirche auf dem zentralen Platz. In Capelas angekommen ist es dann Zeit für ein Bad im Atlantik. Direkt am Ortseingang befindet sich ein künstlich erschaffener Lavapool, der uns vor der Brandung schützt, so dass wir uns gefahrlos erfrischen können. Der perfekte Abschluss nach einer wunderschönen Küstenwanderung im Norden von Sao Miguel.



Am nächsten Tag geht es in das mystische Furnastal im Osten der Insel. Nach einer knappen Stunde Fahrtzeit erreichen wir Furnas. Zunächst führt unser Weg in den 12,5 Hektar großen Terra Nostra Park, dem schönsten botanische Garten den wir bislang weltweit gesehen haben, soviel vorab. Obwohl es eigentlich weniger ein Garten ist, als vielmehr eben ein wunderschöner Park, mit Themengärten, rauschenden Bächen, tropischen Pflanzen, uralten Baumbeständen, großzügigen Alleen, sprudelnden Teichen, prächtigen Seerosenfelder, vulkanische Quellgewässer und mystischen Höhlen. Ein gut ausgeschilderter Rundweg mit Abstechern in die Themenbereiche, z. B. "Kameliengarten" oder "Tal der Palmen", führt durch den Park. Alles ist angenehm zu gehen, keine steilen Wege. Als Höhepunkt erwartet euch dann ein riesiger, natürlicher Pool aus eisenhaltigen, rostbrauen 38 Grad warmen Quellwasser, dahinter erhebt sich ein imposantes Herrenhaus aus der Kolonialzeit. Hier können die Besucher ein entspannendes Bad in dieser herrlichen Umgebung genießen. Zwei weitere natürliche Thermalquellen liegen im mystischen Park verborgen. Aber Achtung man sollte nicht seine beste Badekleidung mitnehmen, denn das Wasser ist nicht nur rostbraun, sondern verfärbt auch helle Kleidung schnell. Wir sind wirklich begeistert von diesem natürlichen Naturwunder. Die paradiesische und idyllische Atmosphäre an diesem Ort ist mit Worten nur schwer wiederzugeben. Das spezielle Mikroklima sorgt im Terra Nostra Park für eine beständig hohe Luftfeuchtigkeit, welche zu der vielfältigen und bunten Pflanzenmischung führt. Der Eintritt kostet zehn Euro und beinhaltet den Park und die Bademöglichkeit. Ab 17 Uhr schließt der Terra Nostra Park dann für die allgemeine Öffentlichkeit. Dann dürfen nur noch die Gäste des angrenzenden Terra Nostra Park Hotels die Annehmlichkeiten nutzen. Übrigens geht die Gründung des Parks auf das Jahr 1780 zurück, als der damalige Konsul der Vereinigten Staaten von Amerika auf der Insel Sao Miguel hier seine Sommerresidenz erbaute, die dann als Yankee Hall bekannt wurde. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs die Fläche allmählich an und wurde im Laufe des 20. Jahrhunderts stets erweitert und ausgebaut.



Der Ort und das Tal von Furnas ist nicht minder sehenswert. Es liegt imposant in einem längst erloschenen Vulkankrater von sechs Kilometern Durchmesser. Die Besiedlung im Furnas Tal geht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Als 1630 ein verherrender Vulkanausbruch viele Menschenleben kostete und Flora und Fauna zerstörte, kehrte man dem Ort zunächst den Rücken. Erst die Jesuitenmönche, welche wegen der Heilquellen kamen, erweckten den Ort zu neuem Leben. Als im 18. Jahrhundert schließlich reiche Orangenbarone kamen, ließen sie hier prunkvolle Paläste, Villen und Gärten erbauen. Ab dem 20. Jahrhundert wurde das Furnas Tal aufgrund seiner heilenden, heißen Quellen dann zum Kurort. Zwei kleine Flüsse durchziehen heute das Tal, der eine rostbraun und heiß, der andere glasklar und kalt. Einige private Badeanstalten, wie etwa die Poça da Dona Beija haben sich inzwischen hier niedergelassen und setzen auf die heilende Wirkung des Wassers. Das Dorf Furnas ist mit etwa 1.500 Einwohnern außerhalb der Hauptsaison ein idyllischer, fast romantischer Ort, fernab der Küste. Im verschlafenen Zentrum gibt es gute und preiswerte Restaurants (Tonys) und Geschäfte mit frischen, regionalen Produkten.


Unweit von Furnas entdecken wir auch in der fußläufigen Umgebung wunderschöne Ecken, wie etwa den in atemberaubender Natur eingebetteten

Lagao das Furnas. Der Furnas See vor den Toren der Stadt ist der zweitgrößte See der Insel und bietet eine traumhafte Naturkulisse. Gleich am Ostufer des Sees befinden sich die berühmten Furmarolen (Parkgebühr drei Euro pro Person). Je nach Wetter und Wind sind die Dampfschwaden schon von weitem zu sehen aber auch zu riechen. Holzstege führen uns über den beeindruckenden Ort mit den Caldeiras, dampfenden Löchern und sogar kleinen Geysire.

Überall brodelt es, Schlamm quillt nach oben, es riecht stark nach Schwefel. Hier gibt es dann noch ein kleines kulinarisches Highlight zu entdecken. So werden hier die Dampfkessel für die Zubereitung des traditionellen

portugiesischen Gerichtes Cozido das Caldeiras genutzt. Cozido ist ein Eintopf aus Fleisch, Würstchen, Kartoffeln, Kohl und anderem Gemüse. Früher schlicht in einem Sack, wird es heute in großen Töpfen über viele Stunden in den Erdlöchern gegart und dann in die Restaurants der Umgebung gebracht, wo die Gäste die deftige Spezialität dann bestellen können. Wir haben es auch getan. Und ja, es ist wirklich deftig und nichts für den kleinen Hunger. Wer's mag. Um den See führt uns dann ein idyllischer sieben Kilometer langer Wanderweg. Hier kann man die Natur in vollen Zügen genießen und sich auf den vielen Bänken und Picknickplätzen ausruhen. Am Südende des Sees erblicken wir dann die schöne neogotische Kapelle Nossa Senhora das Vitorias mit einer schöner Gartenanlage herum. Dann kehren wir auf der anderen Seite des Sees am Ufer entlang nach Furnas.



Eine herrliche Wanderung zum 570 Meter hohen Pico do Ferro, einem spektakulären Aussichtsgipfel über dem Furnas See, wollen wir euch nicht vorenthalten. Für konditionsstarke Wanderer kann die Wanderung mit einer Seeumrundung kombiniert werden. Der dschungelartige Pfad zum Pico do Ferro beginnt direkt am Kassenhäuschen vom Parkplatz zu den Furmarolen. Hier zweigt ein kleiner Weg nach rechts ab. Es folgt der Einstieg in einen urwüchsigen Wald mit alten Baumbeständen und riesigen Farben. Die Farbe grün dominiert hier alles. In einer angenehmen Steigung geht es immer weiter hinauf. Die hohe Luftfeuchtigkeit und Temperaturen über 20 Grad bringt uns trotz Schatten spendender Vegetation zum Schwitzen. Schon bald erhalten wir erste Ausblicke über den Furnas See und in das Tal von Furnas. Der meist schlammige Untergrund macht gutes Schuhwerk unabdingbar. Langsam lichtet sich schließlich der der azoreranische Dschungel und wir gelangen auf eine Hochebene, ehe es die letzten Höhenmeter (insgesamt etwa 300) noch einmal in das Dickicht nach oben geht. Dann stehen wir auf dem Aussichtsplateau des Pico do Ferro und genießen dort sensationelle Weitblicke auf das sattgrüne Hinterland und den idyllischen Furnas See. Sogar das Meer ist von hier sichtbar. Für alle Lauffaulen führt übrigens auch eine kleine Straße bis etwas unterhalb des Pico do Ferro. Aber wie heißt es so schön - der Weg ist das Ziel. Und der lohnt sich unbedingt.



Auf dem Weg zurück nach Capelas machen wir noch an einem kleinen See im Hochland Halt. Der Vulkanseen Lagoa do Congro ist bei weitem nicht so bekannt wie der dreizehn Kilometer östlich gelegene Furnas See. Dennoch lohnt sich ein Besuch des versteckten Idylls. Der See ist der einzige große Maar der Insel. Maare entstehen durch den Kontakt von Grundwasser mit Magma und dadurch ausgelösten stark explosiven Eruptionen. Dabei entsteht statt einem Vulkankegel ein tiefer Krater. Eine ganze Weile steigen wir auf einem Pfad hinab in den Krater, bis wir 100 Meter tiefer an das Seeufer gelangen. Sein Wasser hat eine tiefgrüne Farbe. Umringt ist der fast kreisrunde See von steilen und dicht bewachsenen Felsklippen. Zum Schwimmen ist der See übrigens nicht geeignet. Als stehendes Gewässer ist der Phosphorgehalt sehr hoch.



Einen kleinen Abstecher an die Küste machen wir im Süden in Agua die Pau. Heute ist es schwer zu glauben, dass dieser beschauliche Ort einst einer der einflussreichsten Orte der Insel war. Nicht zu übersehen ist die Nossa Senhora dos Anjos im Zentrum. Hier findet zu Maria Himmelfahrt eine der größten Feierlichkeiten Sao Miguels statt. Der schön an einer Felsklippen gelegene Hafen bietet einige nette Restaurants und Cafés. Auch ein schöner Einstieg zum Baden befindet sich direkt Restaurant am Ufer.



Mit Sicherheit einer der schönsten Strände der Azoren liegt in Ribeira Grande. Wenige Minuten vom Zentrum entfernt befindet sich der Praia Santa Barbara. Der über einen Kilometer feinstandige, dunkle Strand ist vorallem bei Sufern weltweit beliebt. Durch die oftmals hohen Wellen herrschen hier ideale Surfbedingungen. Sogar internationale Meisterschaften finden inzwischen dort statt. Aufgrund der fast immer recht starken Brandung ist das Bad im Meer meist nur ein vorsichtiges Plantschen in den Wellen in Ufernähe. Dennoch bietet der Strand eine wunderschöne Kulisse um bei schönen Wetter einen Drink an der Strandbar zu genießen.



Am darauffolgenden Tag besuchen wir die historische "Hauptstadt" der Azoren, Ponta Delgada. Sie beweist, dass die Azoren nicht nur Natur beherbergen. Hier in Ponta Delgada liegt das gesellschaftliche und kulturelle Zentrum der Inselgruppe. Die 18.000 Einwohner Stadt liegt in der Westhälfte an der Südküste und ist Sitz der Provinzialregierung. Sie beherbergt ebenso eine Universität. Vom ehemaligen portugiesischen König Manuel I. wurde die Stadt im Jahr 1499 als Fischerdorf gegründet. Im 18. Jahrhundert kam der Ort dann durch die Ansiedlung von Orangenplantagen zu Reichtum und es zogen reiche Kaufleute in die Stadt, die herrschaftliche, Villen, Paläste und Gartenanlagen erbauen ließen. Untere anderem ließ die einflussreiche Familie Bensaude prächtige Gärten und Herrenhäuser auf der ganzen Insel errichten, so übrigens auch die heutige Parkanlage Terra Nostra, die 1930 von der Familie erworben wurde. Der englische Baustil aus dieser Zeit kennzeichnet heute noch das Stadtbild. Begrüßt werden wir vom dreibogige Stadttor Portas da Cidade aus dem Jahr 1783. Dahinter empfängt uns ein prächtiger weitläufiger Platz, der von alten Herrenhäusern gesäumt ist. Von dort führt uns der Weg ins Zentrum. In den Straßen finden sich viele Cafès, Restaurants und Geschäfte, dennoch geht es ruhig und beschaulich zu. Dann kommen wir zur wunderschönen barocken Kirche Igreja de São Sebastião, die zu Ehren des Schutzpatrons der Stadt erbaut wurde. Wir lassen uns weiter durch die Altstadt treiben, hübsche Herrenhäuser und Kopfsteinpflaster zieren das Stadtbild. Auch kulinarisch hat Ponta Delgada einiges zu bieten. Im Tasca nahe des Hauptplatzes gibt es frische portugiesische und mediterrane Küche zu einem vernünftigen Preis. Der Thunfisch und die Gambas sind jedenfalls köstlich! Gestärkt lassen wir uns noch etwas durch die Gassen treiben, ehe es zur schönen und langgezogenen Hafenpromenade geht. Hier legen die großen Kreuzfahrtschiffe auf ihren Transatlantik-Routen an. Dementsprechend belagern viele Restaurants und Bars die Uferpromenade. Wer auf den Azoren also etwas urbanes Flair sucht, ist in Ponta Delgada gerade richtig. Übrigens befindet sich in der Gegend um die Hauptstadt auch das Anbaugebiet der köstlichen Azoren-Ananas. In weiß gekalkten Glastreibhäusern gedeiht die süß-saftige Frucht, die wohl nirgendwo in Europa diesen Geschmack hervorbringt. Der Aufwand bei der Ernte der Azoren-Ananas ist dabei enorm und hat einen Bio-Standard. Ganze zwei Jahre dauert es bis aus der Wurzel die Frucht gewachsen ist. Das hat natürlich seinen Preis und ist nicht vergleichbar mit der preisgünstigeren aber auch oft geschmacklosen importieren Konkurrenz aus Übersee. Schon allein optisch weist die hiesige Ananas auf Reife und Geschmack hin. Probiert die Königin der Azoren-Früchte einfach Mal aus.



Geheimnisvoll und mystisch ist unser nächstes Ziel, der Lagoa do Fogo (dt. Feuersee). Oft versteckt er sich in dichten Wolken, zeigt er sich jedoch, ist er ein wahres Naturspektakel. Der gigantische Feuersee entstand nach einem Vulkanausbruch im Jahr 1563. Er liegt auf einer Höhe von 610 Metern und gilt als einer der schönsten Seen des Archipels. Meist neblig und wolkenbehangen strahlt er eben jene einzigartige mystische Atmosphäre aus. Der funkelnde See inmitten der grünen Vulkanlandschaft bietet großes Naturkino. Je nach Sonneneinstrahlung strahlt er stets in verschiedensten Blautönen. Neben steilen, dicht bewachsenen Klippen stehen auf der anderen Seite die weißen Sandstrände in einem krassen Kontrast. Der Fogo Vulkan ist geologisch gesehen eine der jüngsten Regionen von Sao Miguel. Vor 250.000 Jahren erhob er sich aus dem Meer. Die heftigen Ausbrüche produzierten große Mengen an Bims, der zu Sand vermahlen am Seeufer die hellsten Sandstrände der Insel schuf. Am südlichen Teil des Vulkans entspringen zahlreiche Süsswasserquellen, die u.a. die Wasserversorgung von Ponta Delgada sicherstellen. Im 25 Meter tiefen und glasklaren Wasser des Sees tummeln sich prächtige Regenbogenforellen. Der Fogo Vulkan erzeugt mit seiner Geothermie übrigens fast 50% der Inselenergie. Um zu dieser wunderschönen Kulisse zu gelangen, habt ihr verschiedene Möglichkeiten. Für Wanderer bietet sich der elf Kilometer lange Wanderweg (drei bis vier Stunden) von der Küste an. Beginnend vom Strand westlich der Ortschaft Agua de Alto geht es entlang eines breiten Wasserkanals und des Bachs Ribeira da Praia hinauf zum Südufer des malerischen Kratersees. Zu Beginn laufen wir noch auf einem Feldweg durch Weidelandschaften bis zu einem Wasserreservoir, von dem aus die Route nach rechts durch ein Buschgebiet von Eukalyptus ansteigt. Wir folgen sets den Wegmarkierungen an einem Wasserlauf entlang. Es geht durch ein einzigartiges Naturreservat. Jeder Hobbybiologe wird bei dieser Wanderung seine Erfüllung finden. Wir genießen atemberaubende Ausblicke auf die Küste und das Meer, ehe wir schließlich auf eine Hochebene aus weitläufigen grünen Hängen kommen. Bald haben wir dann auch schon unser Ziel erreicht. Eine weitere Möglichkeit ist die komfortable Anfahrt mit dem Auto. Zu den Aussichtspunkten am Kraterrand gelangt man über die Fahrstraße von Lagos oder Ribeira Grande aus. Am höchsten Punkt (Miradouro do Pico da Barrosa) bei den Sendemasten erreicht der Krater stolze 936 Meter. Ein kleiner Feldweg führt an den Masten vorbei Richtung Süden über einen Grat auf einen Hügel. Von dort hat man an klaren Tagen Ausblick über weite Teile von Sao Miguel und natürlich den Feuersee. Vom weiter unterhalb gelegenen Aussichtspunkt Miradouro da Lagoa do Fogo kann man über einen Pfad zum Seeufer und seinen wunderschönen Stränden hinabsteigen. Auch von unten bieten sich spektakuläre Ausblicke auf die Landschaft des Fogo Vulkans.



Ganz im Westen der Insel wartet ein weiterer einzigartiger See. Eigentlich sogar zwei. Der Kratersee Lagoa das Sete Cidades besteht aus zwei Teilseen, welche umgeben von grün bewachsenen Hängen in unterschiedlichen Tönen schimmern. Der eine grün, der andere blau. Soweit die Theorie. Eine atemberaubende Kulisse entsteht dann wenn die unzähligen Hortensien blühen (Juni bis in den Oktober hinein). Die perfekt geformte Caldeira (Kessel) wirkt fast wie künstlich erschaffen. Egal ob ihr sportlich den Kraterrand umrundet oder gemütlich an den Seen entlang spaziert. Ihr solltet euch Zeit für dieses wunderbare Fleckchen Erde nehmen. Der Vulkankomplex von Sete Cidades entstand vor etwa 500.000 Jahren. Er ist also doppelt so alt wie der Fogo Vulkan. Einst war der Sete Cidades eine vom östlichen Teil (Fogo Vulkan) getrennte Insel. Erst vor 500 Jahren begann sich die Meerenge zwischen den beiden Inselteilen durch die rege Vulkantätigkeit zu füllen. Dabei kam eine reizvolle, mit mehr als 300 Vulkankegel gespickte Landschaft zwischen Ponta Delgada und Ribeira Grande zustande. Am Grund der riesigen Caldeira liegen außer dem Lagoa Azul (blauer See) und dem Lagoa Verde (grüner See) in einem Nebenkrater noch zwei weitere Seen. Der Lagoa Santiago und der Lagoa Rasa. Diese spektakuläre Naturkulisse bietet natürlich Stoff für so manche Legende und Sage um den Vulkan und die Seen. Die wohl bekannteste Geschichte handelt von einer Prinzessin, die sich in einen Hirtenjungen verliebt hatte. Der König jedoch untersagte die Heirat. Getrennt voneinander füllte die blauäugige Prinzessin den blauen See mit ihren Tränen. Der grünäugige Hirtenjunge weinte seine Augen im grünen See aus. Vor Freude muss man heutzutage höchstens noch am spektakulären Aussichtspunkt, dem Vista do Rei (Königsblick), eine Träne vergießen. So genannt wurde dieses Plateau übrigens nach dem Besuch des portugiesischen Königs Carlos I. im Jahr 1901. So sollen König und Königin vom Ausblick am Kraterrand so beeindruckt gewesen seien, das er Königsblick genannt wurde. Tatsächlich ist der Blick noch heute königlich. Jedoch führt heute eine Fahrstraße hinauf. Für 20 Minuten kann direkt an den Parkplätzen geparkt werden. Wer länger bleiben will, muss ein paar Meter weiterfahren. Dort gibt es dann kleinere Parkplätze am Straßenrand. Vom Vista do Rei beginnt ein herrlicher Wanderweg am Kraterrand entlang und hinab zu den Seen. Auf dem Weg erhält man fantastische Fernblicke und Fotomotive, sowohl von oben, als auch von unten. Der Rundweg, der zunächst mit Meer- und Seeblick am Krater verläuft, ist gut gekennzeichnet und insgesamt sind dabei zwölf Kilometer und 400 Höhenmeter zu absolvieren. Wobei nur am Ende ein steiler Anstieg auf euch wartet. Alternativ kann man auch mit dem Auto hinab zum Seeufer fahren. Einen weiteren Halt an den Lagoa des Sete Cidades solltet ihr unbedingt am Aussichtspunkt Miradouro da Grota do Inferno einlegen. Von hier aus habt ihr nach einem kurzen Fußmarsch vom Parkplatz aus einen spektakulären Blick über die Seen, den Krater und das dahinter liegende Meer. Über einen breiten Gratkamm geht es schließlich zum Plateau. Im Sommer säumen hier tausende Hortensien den Weg. Aber auch ohne die Blüte gehört dieser Ort mit Sicherheit zu den schönsten Aussichtspunkten von Sao Miguel. Wem der kurze Weg dorthin nicht genug ist, der kann vorher rechts abzweigen und in etwa 20 Gehminuten auf den 846 Meter hohen Gipfel Pico da Cruz wandern. Von hier ist die Perspektive auf die Seen und Landschaft nicht weniger spektakulär, dafür aber weniger überlaufen. Vom Pico da Cruz bietet sich dann eine Wanderung weiter auf der Caldeira an. Hier kann man den Vulkankrater beliebig lange und weit umrunden. Wunderbare Blicke auf die innenliegenden Seen und das Meer sind dabei garantiert. Gegenüberliegend erblicken wir vom Krater dann auch die Aussichtsplattform des Königs, die da Vista do Rei. Es lohnt sich durchaus beide Seiten der des Sete Cidades zu erwandern. Die verschiedenen Perspektiven werden euch begeistern und für die Anstrengung entschädigen.



Unweit des Lago do Fogo besuchen wir nun ein weiteres Natur-Highlight. Das Centro de Interpretação Ambiental da Caldeira Velha ist ein malerische Naturschutzgebiet mit üppiger Vegetation , man könnte fast Dschungel dazu sagen, und Wasserfällen, die in heißen, natürlichen Quellen enden. Überall plätschert es, wir probieren die verschiedenen Thermalbecken aus. Umgeben sind wir überall von traumhafter Landschaft und riesigen Baumfarnen. Ein Ort der Entspannung für Körper und Seele. Wir genießen die Ruhe und Idylle. Die Temperatur des Wasserfalls liegt bei frischen 24°C und bei den Thermalbecken bei etwa 38°C. Es gibt auch ein zusätzliches Becken, welches noch etwas heißer ist, über 40°C. Also nichts für Menschen mit einem schwachen Kreislauf. Der Eintritt liegt übrigens bei zehn Euro pro Person (zzgl. zwei Euro Schließfach) und das Ticket ist 1,5 Stunden gültig. Diese Zeit ist aber in der Regel absolut ausreichend. Die Tickets sollten aber bereits vorher online gebucht werden, da nur eine bestimmte Personenanzahl zeitgleich hinein darf. Ist es also schon ausgebucht, steht man sprichwörtlich vor verschlossenen Türen.



Habt ihr euch eigentlich mal gefragt, ob es Teeanbau in Europa!? Gibt es nicht? Gibt es wohl! Nämlich genau hier auf der Azoreninsel Sao Miguel befindet sich die einzige industriell genutzte Teeplantage in Europa. Das wollen wir sehen und fahren hin. Auf dem Weg in den Nordostteil der Insel solltet ihr unbedingt einen

kurzen Halt am Aussichtspunkt Miradouro de Santa Iria machen. Dieser liegt mit einem großen Parkplatz direkt an der Hauptstraße und bietet einen sagenhaften Blick über die wunderschöne Nordküste. Generell bietet Sao Miguel üner die ganze Insel verteilt fantastische Aussichtspunkte (Miradouro) und diese sind fast immer unmittelbar an der Straße gelegen. Sightseeing für Lauffaule sozusagen.


Kurz nach dem atemberaubenden Miradouro de Santa Iria erreichen wir dann schon weitläufigen Teeplantagen Cha Gorreana. Ein faszinierender Anblick, den man sonst nur aus Fernostasien aber nicht aus dem Atlantik kennt. Die sanfthügelige Landschaft, die grünen Wälder und das funkelnde Meer in der Ferne verleihen diesem Ort eine zauberhafte Atmosphäre. Hier scheint die Wetterkonstellation aus Wolken, Sonne, Niederschlag und hoher Luftfeuchtigkeit ideal zu sein. Und so fand man als Ersatz für den Orangenanbau, der Mitte des 19. Jahrhunderts keinen Gewinn mehr abwarf, eine Alternative in der Teeerzeugung. In den 1920er Jahren waren auf Sao Miguel sogar zehn große Teefabriken in Betrieb. Schließlich führte preisgünstige Konkurrenz aus den ehemaligen portugiesischen Kolonien und die Abwanderung von Arbeitskräften zum Niedergang der meisten Fabriken. An der Verarbeitung des Tees hat sich bis heute allerdings nicht viel geändert. Lediglich das Pflücken wird seit den 1970er Jahren von Maschinen übernommen. Die Ernte der jungen Teetriebe findet von April bis Oktober statt. Schließlich wird sowohl daraus Grün-, als auch Schwarztee durch fast biologischen Anbau gewonnen. Ein großer Pluspunkt des Azorentees: viele Schädlinge, die sonst auf den Plantagen ihr Unwesen treiben, wurden auf die Insel nie eingeschleppt, so dass auf Spritzmittel verzichtet werden kann. Bei den Teesträuchern handelt es sich übrigens um eine Kamelienart. Die Teefelder können auf eine Faust und kostenlos erkundet werden. Verschiedene Trails führen durch die sattgrüne Landschaft. Im Hintergrund schimmert der Atlantik. Nach einem kurzen Rundgang gehen wir in die gegenüberliegende Fabrik bzw. Shop um uns selbst ein Bild über den Geschmack des Azorentees machen zu können. Das Verkosten heben wir uns aber für Zuhause auf. Ein ideales Mitbringsel ist der Tee allemal, schließlich ist er einzigartig in Europa.



Und weil gerade so schönes Wetter ist und der Tee und gut eingeheizt hat, fahren wir noch an den Strand. Gerade mal fünf Fahrminuten und Kilometer liegt der wunderschöne Strand Praia dos Moinhos. Für uns zählt er zweifelsohne zu einem der schönsten Strände von Sao Miguel. Er ist malerisch in einer Bucht zwischen steilen Felsklippen gelegen. Im Hintergrund schmiegen sich kleine, bunte Häuschen an den Hang. Der feinsandige, dunkle Strand ist weitläufig und es gibt sogar eine kleine, preisgünstige Snackbar. Auch Duschen und Toiletten sind vorhanden. Kurios ist das Federvieh, das den Strand teilweise bevölkert. Der Praia dos Moinhos ist zudem selten überlaufen. Einer perfekter Ort für Badespaß mit der ganzen Familie, auch wenn die Wellen manchmal recht hoch sein können.