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Kosovo - Die unbekannte Seite des Balkans

Autorenbild: Thomas GräbelThomas Gräbel

Aktualisiert: 29. Jan. 2023

Der Kosovo gilt im Allgemeinen nicht als typische Urlaubsdestination. Zu unbekannt ist das kleine Land im Südosten Europas für viele Reisende. Was euch auf der Balkanhalbinsel erwartet, erfahrt ihr hier. Eines ist sicher, es wird nicht langweilig. Und vielleicht liegt der Kosovo am Ende gar nicht soweit von euren Urlaubsträumen entfernt. Wusstet ihr zum Beispiel, dass eine der ursprünglichsten Alpenregionen das Land durchzieht? Oder, dass eine der tiefsten Schluchten Europas hier beheimatet ist? Nein? Na dann, es gibt nämlich noch vieles mehr zu entdecken. Spektakuläre Wasserfälle, wilde Flusstäler, weite Wälder, glasklare Seen und blühende Landschaften. Eine fast unberührte Naturkulisse abseits des Massentourismus und das mitten in Europa! Dazu kommen reiche Kulturschätze an historischen Orten und UNESCO Weltkulturerbestätten.


Leider verbinden viele nicht die vielen schönen Sehenswürdigkeiten mit dem Kosovo, sondern vielmehr die schrecklichen Kriegsereignisse um die Jahrtausendwende. Als einer der letzten Kriege in Europa ist die Erinnerung noch präsent. Und obwohl der Krieg seit über zwei Jahrzehnten beendet ist, sind die Geschehnisse und Spannungen im ganzen Land noch sicht-, und spürbar. Um die junge Republik und deren Identität zu verstehen, wollen wir einen kurzen Blick in die Vergangenheit werfen. Der Kosovo Krieg

begann als Teil der Jugoslawien-Kriege am 28. Februar 1998 und endete mit der Einigung zum Waffenstillstand am 10. Juni 1999. In dieser Zeit kam es zu furchtbaren Kriegsverbrechen durch das serbische Militär unter der Führung des nationalistischen Präsidenten Slobodan Milosevic. Sogar die NATO griff am 24. März wegen Menschenrechtsverletzungen und "ethnischen" Säuberungen an den mehrheitlich im Kosovo lebenden Kosovo-Albanern ein. Die serbischen Truppen sollten zum Rückzug gezwungen werden um weitere Massaker an der Zivilbevölkerung zu verhindern. Das "offizielle Ziel" Jugoslawiens und Milosevics war der Schutz der serbischen Minderheit im Kosovo. Die Freiheitsarmee (UCK) strebte dagegen nach der Unabhängigkeit des Kosovos, das zu dem Zeitpunkt eine Provinz Serbiens innerhalb der Bundesrepublik Jugoslawien war, das wiederum aus Serbien und Montenegro bestand. Der Krieg endete nach dem NATO Eingreifen mit einem militärischen Abkommen von Kumanova und das Gebiet des Kosovo wurde zunächst unter eine neutrale UN Verwaltung gestellt. Der ehemalige jugoslawische und serbische Präsident Milosevic wurde als Kriegsverbrechen in Den Haag angeklagt. So fielen ihm und seinem Militär etwa 10.000 Menschen zum Opfer. Letztendlich kam es aber nie zu einem Schuldspruch, da der "Serbenführer" kurz vor dem Urteil im Jahr 2006 verstarb. Letztendlich erklärte die Republik Kosovo am 17. Februar 2008 ihre Unabhängigkeit von Serbien und ist seither das jüngste Land Europas. Noch heute ist das Verhältnis zwischen Serben und Kosovo-Albanern mit Spannungen behaftet. Übrigens sind Kosovo-Albaner eine regionale Gruppe der albanischen Ethnie im Kosovo. Die Muttersprache ist demnach albanisch. Über 93 Prozent der Landesbevölkerung stellt diese Gruppe dar. Die kulturelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche Bindung zum Nachbarland Albanien ist also sehr groß.

Natürlich hat der Krieg im Kosovo noch heute seine Spuren hinterlassen, so zählt das Land zu einem der ärmsten Länder Europas. Etwa 30 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Über ein Viertel der Menschen sind arbeitslos. Dennoch merkt man einen Aufbruch im Land. Die junge Bevölkerung (Durchschnittsalter von 30 Jahren) öffnet sich immer mehr dem Westen gegenüber und schafft zunehmend eine Infrastruktur für den Tourismus in das kleine Balkanland. Es entstehen schicke Hotels und hippe Bars und Restaurants.


Ehe wir nun loslegen, wollen wir euch noch ein paar nützliche Informationen für eine Reise in den Kosovo geben. Satte 95 Prozent der Bevölkerung Kosovos sind Muslime. Die Serben gehören zumeist der Serbisch-Orthodoxen Kirche an. Die beste Reisezeit liegt in der Regel zwischen Ende April und Anfang Oktober. Es herrscht ein kontinentales Klima, d.h. es gibt kalte Winter mit Temperaturen von unter 0 Grad und milde bis heiße Sommer, bis Temperaturen über 30 Grad im August. Für Outdoor Aktivitäten bieten sich daher die Frühlingsmonate April bis Anfang Juni an oder der Herbst von September bis Anfang Oktober. Dann liegen die Temperaturen meist zwischen 20 und 25 Grad, perfekte Bedingungen für Aktivitäten. Im Hochsommer von Juli bis August laden die vielen Seen zur Erfrischung ein, einen Meerzugang hat der Kosovo nämlich nicht. Hierzu muss man je nach Standort ein paar Stunden Fahrt an die albanische Küste auf sich nehmen. Bei Unternehmungen und Wanderungen in die hochalpinen Regionen des Kosovo sollte man sich bis Anfang Juni auf Schnee einstellen. Die Nationalparks bieten sich gerade zu für Wanderungen an. Unzählige Wege führen durch die oftmals noch unberührte Bergwelt. Wer auf dem Dach des Kosovo stehen will, muss schweißtreibende Anstieg auf den 2.656 Meter hohen Gjeravica Gipfel bewältigen, der zweithöchste Berg der Albanischen Alpen. Obwohl im Kosovo der Euro die offizielle Landeswährung ist, ist das Balkanland nicht Teil der EU. Ein Beitrittsantrag wurde bislang nicht gestellt. Dennoch gestaltet sich die Einreise aus Deutschland mit Personalausweis als einfach, ein Visum o.ä. ist nicht nötig. Lediglich im äußersten Norden an der Grenze zu Serbien kann es vereinzelt noch zu Spannungen und Konflikten kommen, von der in der Regel aber nicht Touristen betroffen sind. Ansonsten ist die politische Lage in dem Land ruhig und stabil. Die Kriminalitätsrate ist zwar im europäischen Vergleich hoch, richtet sich aber nicht gegen Touristen, so dass das Land gefahrlos bereist werden kann. Die Einheimischen begegnen Touristen sehr offen und sind dabei sehr gastfreundlich.


Nun wollen wir euch aber auf unsere Reise durch den spannenden und vielfältigen Kosovo mitnehmen. Die Flugzeit von München beträgt knappe 2 Stunden. Neben den lokalen Fluggesellschaften Air Pristina und GP Aviation, fliegen auch Eurowings, Lufthansa und Austrian Airlines in die Balkanrepublik. Am günstigsten kommt ihr mit WizzAir von Memmingen in die Republik. Der internationale Flughafen des Landes liegt etwa 30 Minuten vor den Toren der Hauptstadt Pristina. Und dort starten wir Ende April unsere Rundreise auch. Zugegebenermaßen bietet sich Pristina nach unseren persönlichen Eindrücken nicht sonderlich für einen Städtetrip an. Etwa 200.000 der knapp zwei Millionen Einwohner des Kosovos leben in der Hauptstadt. Die Architektur ist grau und viele "Sowjetbauten" prägen das Stadtbild. Grünanlagen und Parks sind eher Mangelware. Auch viele Sehenswürdigkeiten werdet ihr hier vergeblich suchen. Der Krieg hat auch hier sichtlich seine Spuren hinterlassen. Das war nicht immer so. Die Stadt erlebte vor allem in der Zeit der Osmanischen Herrschaft im 14. und 15. Jahrhundert ihre Blütezeit.

Die Türken bauten Moscheen, Karawansereien, Brunnen und Bewässerungsanlagen. Sie richteten in Pristina ihr Verwaltungszentrum ein.

Im 19. Jahrhundert wurde Pristina durch Brände und den Österreichischen-Türkischen Krieg stark zerstört. Leider ist heute von den einstigen Bauten im orientalischen Stil wenig erhalten. Die vielen Wohnblocks und Hochhäuser machen es zudem unmöglich, sich das Flair von damals vorstellen zu können. Im Vergleich zu den meisten europäischen Metropolen, ist Pristina nichts für den optischen Reiz. Vielmehr bietet die Hauptstadt aber ein junges und weltoffenes Publikum und einen starken Kontrast zum grauen Stadtbild findet man dann vorallem in der Bar- und Clubszene. So schießen hippe und farbenfrohe Restaurants, Cafés und Bars wie Pilze aus dem Boden. Von größeren Gastro-Bars wie die Soma-Book Station, bis hin zu kleinen versteckten Cafés wie die Miqt

Bar bietet Pristina ein breites Spektrum und ein spannendes Nachtleben.

Die Preise sind für mitteleuropäischen Standard wirklich unglaublich günstig. Ein Bier kostet 1,50 EUR. Cocktails und Longdrinks etwa 4 EUR und das Essen oftmals auch bei 3 bis 5 EUR. Man kann es sich hier also durchaus gut gehen lassen. Zumal die ausgezeichnete kosovarische Küche eine gute Bandbreite von osmanischen bis hin zu europäischen Einflüssen hat. Fleisch sollte man allerdings mögen, denn das steht meistens auf der Karte. Obwohl der Kosovo muslimisch geprägt ist, gibt es Alkohol fast überall. Für die Erkundung Pristinas braucht man fußläufig nicht lange. Eine super zentrale, preiswerte und auch komfortable Übernachtungsmöglichkeit findet ihr im Appartement Avenue gegenüber vom Swiss Diamond Hotel. Von dort aus sind wir gleich in der Fußgängerzone. Dort und in den Seitenstraße findet das touristische Leben statt. Ansonsten gibt es neben vielen Hochhäusern ein paar kleinere Kirchen, Moscheen und heroische Statuen nicht viel zu entdecken. Wirklich spektakulär ist das alles nicht. Am auffallendsten und vielleicht auch am hässlichsten ist dann aber doch die

Nationalbibliothek des Kosovo "Pjetër Bogdani“. Ein Stararchitekt hat sich hier augenscheinlich nicht verwirklicht. Der im Jahr 1944 errichtete Gebäudekomplex hat 99 Kuppeln und ist mit Stahlelementen verkleidet. Nicht umsonst wurde die Bibliothek, die wichtige kulturelle und geschichtliche Werke des Kosovos beherbergt, unter die hässlichsten Gebäude der Welt gewählt. Und in der Tat, der Komplex ist so hässlich, dass man sich wiederum fast nicht satt sehen kann. Satt haben wir uns dann aber doch irgendwann von Pristina gesehen und so reisen wir aus der grauen und hippen Hauptstadt in den Westen des Landes. Dort wird es grüner und auch schöner.


Wir nehmen uns einen Mietwagen um in die Region Peja zu kommen. Der Kosovo eignet sich prima für eine individuelle Erkundung mit einem Mietwagen. Die Strecken sind oft gering, so dass man viele Sehenswürdigkeiten schnell erreichen kann. Die Straßen sind zwar hin und wieder etwas holprig aber mit etwas Vorsicht dennoch gut zu befahren. Dank Google Maps finden wir unsere Ziele auch problemlos. Der Tagespreis für Mietwägen beträgt für einen Kleinwagen etwa 30 EUR inklusive Vollkaskoversicherung. Am besten holt ihr euch den PKW gleich am Flughafen ab. Dort sind diverse Anbieter in der Ankunftshalle vertreten. Von Pristina aus fahren wir gut 1,5 Stunden und etwa 90 Kilometer in den Ort Peja im Nordwesten des Landes. Hier liegt das Tor zu den Bergen und der sagenhaften Rugova Schlucht. Peja ist mit etwa 100.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt des Kosovo und umgeben von atemberaubender Natur. Genau das brauchen wir jetzt! Die Stadt Peja selbst hat eine schöne Fußgängerzone, viele Bars, Cafés und Restaurants und eine hübsch angelegte Einkaufsstraße mit kleinen Läden. Unter anderem lässt sich hier Gold im Vergleich zu mitteleuropäischen Ländern günstig erwerben. Viele Goldgeschäfte zeugen von der großen Beliebtheit des glänzenden Edelmetalls.


So wollen wir nun aber das gute Wetter ausnutzen und brechen zu einer unvergesslichen Wanderung in die Albanischen Alpen im Grenzgebiet von Kosovo, Montenegro und Albanien auf. Dort erleben wir eine faszinierende Winterlandschaft und völlige Einsamkeit fernab der Touristenströme. Die mächtigen Gebirgszüge des Nationalpark Bjeshkët e Nemuna, die sich über Peja erheben, werden auch verwunschene oder verbotene Berge (auch Prokletije) genannt. Denn bis in die Neuzeit widersetzten sich die örtlichen Bergbewohner jeglicher staatlicher Ordnung. Und so bildeten sich um das verlassene Gebirge wilde Legenden. Bis heute haben sich die Albanischen Alpen ihre Ursprünglichkeit und Unberührtheit bewahrt. So zählen sie zu den schönsten Wanderregionen Europas. Die Natur ist hier von Menschenhand noch nahezu unbelassen.

Sogar seltene Tiere wie Bären, Luchse und Wölfe sind hier noch anzutreffen. Vereinzelt schmiegen sich kleine Dörfer oder bunte Holzhütten an die Hänge. Wir sind begeistert von dieser zauberhaften Landschaft. Mal ragen steile Felszacken in den Himmel, mal winden sich die Bergrücken sanft über Hochebenen. Unser heutiger Startpunkt ist die traumhaft gelegene Berggaststätte Restaurant Te Liqueni mit seinen idyllischen Holzhäuschen. Hierzu fahren wir knapp 25 Kilometer und 40 Minuten von Peja mit dem Auto über Serpentinen Straßen und durchqueren dabei ein weiteres landschaftliches Highlight, die Rugova Schlucht. Wir stellen unseren kleinen Fiat beim Restaurant ab und machen uns auf. Unser Ziel ist der Bergsee Leqinat oder auch Kucisko Jezero genannt. Wir überwindern in völliger Abgeschiedenheit etwa 500 Höhenmeter durch ein verschneites Wintermärchen. Unsere Spuren ziehen wir jungfräulich durch den funkelnden Schnee. Der Weg ist auch in schneereichen Monaten durch eine rot weiße Wandermarkierung angezeigt. Wir orientieren uns danach und erreichen schließlich den Talkessel auf knapp 1.900 Metern und blicken auf den zugefrorenen Leqinat See herab. Hier verläuft am westlichen Ufer die Dreiländergrenze. Ruhe und Stille hier oben. Je nach Niederschlag ist der See ab Ende Mai komplett eisfrei und dann auch ein beliebtes Ausflugsziel für Einheimische. Heute ist davon jedoch nichts in Sicht, und so bleiben wir alleine. Die Albanischen Alpen bieten sich gerade auch in den Frühjahrsmonaten für herrliche Winterwanderungen an. Nach dem Abstieg stärken wir uns im Te Liqueni mit köstlichem Lammfleisch.


Wie bereits erwähnt, führte unser Weg durch die sagenhafte Rugova Schlucht. Sie ist eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten des Landes. Mit einer Länge von 25 Kilometern und einer Tiefe von bis zu 1.000 Metern gilt sie als eine der längsten und tiefsten Schluchten Europas. Ein wunderschönes Gebiet für unzählige Wanderungen in die wildromantische Natur. Wir halten hier oft an der Strecke an und stauen über die gigantischen Felswände, die über uns in den Himmel ragen. Es bieten sich wunderschöne Fotomotive auf die spektakuläre Landschaft.


Am Ausgang der Rugova Schlucht erwartet uns dann drei Kilometer von Peja entfernt ein kulturelles Highlight, das Patriachenkloster Pec. Das serbisch-orthodoxe Kloster steht nicht umsonst auf der Liste der UNESCO Weltkulturerbestätten. Das auffallend rote

Kloster erhielt seine Farbe übrigens erst im Jahr 2009. Errichtet wurde es bereits in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Die wunderschönen Fresken im Inneren der Kirche stammen aus der Zeit bis zum 16. Jahrhundert und lassen die starke Bindung an die byzantinische Tradition erahnen. Der Klosterschatz birgt außerdem kostbare Ikonen, Handschriften und Skulpturen.

Mit seinen Kunstschätzen, Gräbern und Schreinen gilt das Patriarchenkloster als Schatzkammer serbischer Geschichte und heiligster Ort der serbisch-orthodoxen Kirche. Im Juli 2006 wurde es als Bestandteil der Mittelalterlichen Denkmäler im Kosovo in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Gleichzeitig wurde es wegen der rechtlich unklaren Situation des Kosovo und der schwierigen Sicherheitslage auf der Roten Liste des gefährdeten Welterbes eingetragen. Aus Sicherheitsgründen wird das Kloster von Soldaten bewacht. Der Eintritt ist nur nach Abgabe eines Personalausweis oder sonstigen Passdokuments möglich. Es ist also einer dieser Orte, an dem die Spannungen zwischen Serben und Kosovo-Albanern zu spüren ist. Sobald wir dann aber das Tor zum Klostergarten betreten, sind wir umgeben von einem wahren Idyll. Wir saugen die Ruhe und Stille auf und genießen die besondere Atmosphäre.


Und weiter geht es. An unserem letzten Stopp für heute befindet sich gleichzeitig auch unser Hotel, das idyllisch gelegene Resort Ujevara e Drinit. Es liegt unmittelbar umgeben von üppiger Vegetation am rauschenden Fluss der White Drin und deren spektakulären Wasserfalls. Die Drin fließt Ingesamt 285 Kilometer durch die Balkanhalbinsel. Der Wasserfall und das Quellgebiet das diesen umgibt gehört zu einem der beliebtesten Sehenswürdigkeiten im Kosovo. Ein kleiner Pfad schlängelt sich flussaufwärts und offenbart wunderschöne Ausblicke auf das imposante Wasserspiel, das sich durch die moosbewachsene, grüne Waldlandschaft kämpft. Wir genießen das herrliche Naturschauspiel und freuen uns auf etwas Luxus in unserem Resort umgeben von traumhafter Natur an der White Drin. Fischliebhaber kommen hier übrigens voll auf ihre Kosten. Im Gewässer tummeln sich unzählige Forellen, die im Hotelrestaurant frisch zubereitet werden. Generell hat der Kosovo auch kulinarisch einiges aufzubieten. Vorallem Fleisch und Fischgerichte stehen auf den Speisekarten. Die Preise hierfür sind wirklich unfassbar günstig. Für eine ganze Forelle zahlen wir gerade einmal 6 EUR und das in guten Restaurants. Und auch das Fleisch ist vorzüglich und nicht teurer, so wird u.a. oftmals zartes Lammfleisch serviert. Unglaublich lecker! Man muss es einfach probiert haben.


Am nächsten Tag starten wir nach einem herzhaften Frühstück in die Region Gjakova in den Südwesten des Landes.

Nach etwa 30 Kilometern und 40 Minuten Fahrzeit gelangen wir zur zweiten UNESCO Weltkulturerbestätte, dem Kloster Visoko Decani. Leider spielt das Wetter heute nicht so mit, umso mehr hellt die wunderschöne Klosteranlage unsere Stimmung auf. Ähnlich wie das Patriachenkloster von Pec ist auch das Kloster Decani ein serbisch-orthodoxes Kirchendenkmal und wurde im 14. Jahrhundert im gotischen Stil errichtet. Auch hier bestechen die einzigartigen Freskenmalereien mit byzantinischen Einflüssen. Vor dem Kosovo Konflikt war es eine alte Tradition, dass sowohl orthodoxe Serben, als auch muslimische und christliche Albaner in das Kloster kamen um die Heilkraft der Reliquien zu spüren. Leider ist nach dem Krieg von Eintracht der Religionen auch hier nichts mehr übrig geblieben. So wird das Kloster seit dem Kriegsende, wie auch in Pec, von KFOR Soldaten (Kosovo-Truppen, multinationale, militärische Einheit unter Leitung der NATO) bewacht. Dennoch kam es bereits in den Jahren nach dem Krieg zu Anschlägen extremistischer UCK Anhänger. So steht es seit 2004 auch auf der roten Liste der bedrohten UNESCO Denkmäler. Wir müssen hier für den Besuch der Klostermauern sogar unseren Ausweis bei den Soldaten abgeben und bekommen so unsere Besucherkarte. Auch hier umgibt uns eine meditative Ruhe und wir hören nur das Nieseln des Regens. Ein herrlicher Ort um Inne zu halten.


Weiter geht es mit Natur. Nach einer halben Stunde Fahrt gelangen wir zum wunderschönen Radonjic See (alban. Liqueni I Radoniqit). Der Stausee liegt umgeben von üppig grüner Vegetation. Bei gutem Wetter spiegeln sich die Berge auf seiner glatten Oberfläche. Das gute Wetter ist bei uns heute nicht der Fall. Dennoch umgibt diesen Ort eine beruhigende Atmosphäre. Wir sind wieder fast alleine hier und können die Naturkulisse in vollen Zügen genießen. Der See wurde im Jahr 1983 erstmal gestaut und das Dorf, welches versenkt wurde, gab dem See seinen Namen. Heute ist der zweitgrößte See des Kosovos wichtiger Trinkwasserversorger für die Dörfer in den Bezirken Gjakova, Rahovac und Prizren aber gleichzeitig auch ein beliebtes Naherholungsgebiet.


Als letzten Stopp für heute besuchen wir die Mirusha Wasserfälle (alban. Ujëvarët e Mirushës) 30 Kilometer nordöstlich vom Radonjic See. Sie liegen etwas versteckt entlang der Hauptstraße M9. Kurz nach dem Restaurant Central Park verlassen wir die asphaltierte Straße und biegen auf eine Schotterpiste ab. Nach knapp 3 Kilometern erreichen wir den Parkplatz für unseren PKW. Über einen kleinen Trampelpfad gelangen wir schließlich zu den idyllisch gelegenen Mirusha Wasserfällen. Ein kleines Restaurant schmiegt sich an das Wasserbecken. Ansonsten ist wieder keine Menschenseele zu sehen. Die Wasserkaskaden des Flusses Mirusha, eines Nebenflusses der Weißen Drin, stürzen hier auf mehreren Ebenen in kleine Becken und werden dabei von einer mächtigen Schlucht umschlossen. Aufgrund seines Artenreichtums ist die Gegend um die Wasserfälle Naturschutzgebiet. Wieder einer dieser Plätze der außergewöhnlichen Naturschönheit im Kosovo. Wir sind gespannt was uns noch alles erwartet. Der Tag neigt sich jedoch dem Ende entgegen, so dass wir in unser Hotel zurückfahren und nach 45 Minuten etwa dort ankommen.


Neuer Tag, neues Glück. Für das Wetter gilt das heute aber nicht. Es ist wieder bewölkt und regnerisch. Aber wir machen das Beste daraus und machen einen Abstecher nach Prizren, in die zweifelsohne schönste Stadt im Kosovo. Denn was wir in der Hauptstadt Pristina vermisst haben, finden wir hier. In Prizren erleben wir die vielfältigen kulturellen Einflüsse und Hinterlassenschaften des Landes hautnah. Wir fahren etwa 90 Kilometer und 1,5 Stunden in den Süden der Balkanrepublik. Unweit der albanischen Grenze erwartet uns Prizren am Fuße des mächtigen Sharr Gebirges. Schon beim Betreten der Altstadt können wir erahnen, dass die zweitgrößte Stadt des Kosovo eine wichtige Rolle in der Geschichte des Landes spielte. Lange Zeit war Prizren das religiöse Zentrum der serbisch-orthodoxen Kirche. Im Mittelalter blühte die Stadt unter serbischer und osmanischer Herrschaft zunehmend auf und entwickelte sich zum Handelszentrum, dass sogar Kaufleute aus Mitteleuropa anlockte. Mit dem Einzug des Islams im 15. Jahrhundert etablierte sich eine zweite Religion als regionales Zentrum. Im 19. Jahrhundert gründeten albanische Intellektuelle und Politiker die Liga von Prizren. Nach der Niederlage des Osmanischen Reiches gegen das russische Reich, sollte mit Hilfe von Verträgen und militärischen Druck verhindert werden, dass die albanischen Gebiete an die slawischen Völker verteilt werden. Und so wurde der Ort zum Zentrum des albanischen Raums in dieser Zeit. Mit Ende des ersten Balkankrieges fiel Prizren im Jahr 1913 schließlich unter serbische Herrschaft ehe es im Vielvölkerstaat Jugoslawiens eingeordnet wurde. Die bewegte Vergangenheit und die Einflüsse der verschiedenen Besatzer lassen sich in der prächtig erhaltenen Altstadt am Fluss Bistrica bewundern. Mit der serbisch-orthodoxen Zentralkirche Jungfrau von Ljevisa befindet sich eine weitere UNESCO Weltkulturerbestätte in Prizren. Wir schlendern entlang der Promenade am Fluss Bistrica und bestaunen die alte Steinbrücke, die mit der malerischen Altstadt im Hintergrund einzigartige Fotomotive abgibt.

Über die Brücke betreten wir die Altstadt mit der dominierenden Sinan-Pascha Moschee. Sie ist ein Kulturdenkmal aus der osmanischen Herrschaftszeit und wurde im 17. Jahrhundert erbaut. Heute ist sie das Wahrzeichen Prizrens und gleichzeitig die größte Moschee des Landes. Wir lassen uns durch die geschäftigen und schmucken Straßen treiben und entdecken unzählige Prachtbauten aus den unterschiedlichsten Epochen. Kirchen neben Moscheen und traditionelle, türkische Caféstuben neben hippen Bars. Ein bunter und vielseitiger Mix umgibt die Stadt, die auch Anziehungspunkt für viele Touristen aus Nachbarländern ist. Zum Abschluss wollen wir noch die beste Aussicht auf Prizren genießen. Und diese erhält man zweifelsohne auf der der Festungsanlage, der Kalaja, die über der Stadt thront. Sie gilt als ältestes Baudenkmal der Stadt, entstand bereits in der Antike und wurde bis ins Osmanische Reich genutzt. Wir genießen von hier oben einen spektakulären Weitblick über das prächtige Prizren. Etwas unterhalb der Festung befindet sich auf einer Anhöhe noch die kleine Kirche Svetog Spasa. Auf dem Rückweg kommen wir schließlich noch an dem Mahmet Pascha Hamam vorbei, einer prunkvollen Badeanstalt aus osmanischer Zeit. Jetzt ist auch unsere Zeit und wir fahren zurück. Mit im Gepäck sind unvergessliche Eindrücke einer bemerkenswerten und wunderschönen Stadt. Prizren hat uns eindrucksvoll aufgezeigt, welch reiches kulturelles Erbe im Kosovo steckt.


Alle guten Dinge sind drei. Heute ist das Wetter tatsächlich besser, die Sonne strahlt bei 20 Grad vom Himmel. Das wollen wir natürlich ausnutzen und fahren diesmal etwa 1,5 Stunden in den Norden des Kosovo. Dort wartet im Bezirk Mitrovica unser erster Stopp, der wunderschöne Gazivoda See (Liqeni Ujman). Durch den See erstreckt sich die Grenze zwischen Serbien und dem Kosovo. Er ist ein Stausee des Flusses Ibar und ist umgeben von üppig bewachsenen Berghängen. Der über 100 Meter tiefe Gazivoda See ist der größte See des Kosovo

und trägt seinen Namen von der Gemeinde Gazivode, die auf kosovarischen Gebiet angrenzt. Im Gegensatz zu unserer gestrigen Tour in den Süden an die Grenze von Albanien merken wir hier schnell, dass es mit der Freundschaft der Serben und Kosovaren nicht soweit her ist. Kein Wunder, schließlich waren sie um die Jahrtausendwende die beiden gegenüber stehenden Kriegsgegner. Sobald wir uns der Provinz Mitrovica nähern, wehen hier ausschließlich serbische Staatsfahnen. In den kosovarischen Grenzorten vor dem See sehen wir nur PKW Kennzeichen, die das kosovarische Landeszeichen abgeklebt haben. Wir dagegen fallen mit unserem unabgeklebten Kennzeichen aus der kosovo-albanisch geprägten Hauptstadt Pristina sofort auf. Als wir einmal eine falsche Abzweigung nehmen, stehen wir in der Auffahrt eines Hauses mit serbischer Flagge. Als wir merken, dass wir die falsche Straße genommen haben, drehen wir prompt ab und fahren auf die Hauptstraße zurück, als plötzlich ein Fahrzeug, natürlich mit abgeklebten Kennzeichen, neben uns stehen bleibt und fragt, was wir denn vor seinem Haus gesucht hätten. Nachdem er merkte, dass wir Touristen aus Deutschland sind, wirkte er entspannt und erzählte, dass seine Frau ihn geschockt angerufen habe und berichtete, es stehe ein Auto aus Pristina in der Auffahrt und sie habe Angst. Der Mann erzählte weiter, dass es üblich wäre, dass Albaner zum Stehlen hier rauf in den Norden kommen. Diese Geschichte hat uns nochmals hautnah vor Augen geführt, dass die Beziehungen der beiden Nationen nachwievor stark von Vorurteilen geprägt ist. Als wir dann den richtigen Weg einschlagen, fahren wir zunächst rechts um den See herum und durchqueren dabei etliche Tunnel. Es herrscht kaum Verkehr, so dass wir viele Fotostopps machen können. Hinter jeder Kurve, verstecken sich schöne Motive. Schließlich stellen wir unser Auto an den Fahrbahnrand ab und steigen einen kleinen Berghang entlang eines unbeschilderten Pfads entlang hinauf. Von hier oben erhalten wir spektakuläre Ausblicke auf den See und die schlängelnden Straßen. Wir genießen das atemberaubende Panorama und steigen wieder herab. Denn wir wollen noch auf die andere Seeseite fahren und dort eine herrliche Wanderung unternehmen.


Hierzu orientieren wir uns in Richtung des idyllischen Dorfes Rezala. Man sollte dabei wissen, dass Google Maps in dieser doch etwas abgeschiedenen Region nicht die besten Dienste verrichtet und oftmals Wege vorgibt, wo garkeine bzw. nicht befahrbar sind. Wir fahren etwas um den See herum und stellen unser Auto nach der zweiten Brücke beim Beginn der unbefestigten Straße ab. Hier entdecken wir einige Tafeln mit touristischen Informationen und Wanderschilder, die ihre besten Tage schon lange hinter sich haben. Außer uns ist hier, mal wieder, keine Menschenseele. Wir starten in Richtung der Schilder zum Berg Berim. Dort oben befindet sich die Via Ferrata Kosovo. Ein spektakulärer Klettersteig mit u.a. einer frei schwebenden Brücke zwischen zwei mächtigen Felsgipfeln. Zwar haben wir kein Kletterzeug dabei, aber der Weg lohnt sich trotzdem. Es offenbaren sich im offenen Gelände nach und nach einzigartige Ausblicke auf die wilde Landschaft und die pittoresken Felsgipfel des Berim. Gerade im Frühjahr erstreckt sich hier oben ein endloses Blütenmeer und Krokusse erheben ihren Kopf aus dem Schnee. Leider ist der Weg teilweise schlecht oder garnicht ausgeschildert. Wenn man sich aber an den rot-weissen Wandermarkierungen und den zackigen Gipfeln des 1.731 Meter hohen Berim orientiert, sollte es kein Problem sein den richtigen Weg zu finden. Wir sind begeistert über die wunderschönen Ausblicke in die unberührte alpine Landschaft. Die Berge um den Gazivoda See sind übrigens ein Teil der Albanischen Alpen bzw. der Prokletije, die wir bereits in der Rugova Schlucht erwanderten.

Nach soviel Einsamkeit zieht es uns schließlich wieder in die Zivilisation nach unten. Auch heute hat uns der Kosovo eindrucksvoll gezeigt, welch sensationelle Naturkulissen das kleine Land aufzuweisen hat. Wir sind gespannt auf unseren letzten Tag. Das Wetter soll jedenfalls gut werden.


Dass der Kosovo, neben seiner Vielzahl an kulturellen und landschaftlichen Highlights, übrigens nicht nur seine schöne Seiten hat, zeigt sich beim Blick auf die Umweltverschmutzung, die in der kleinen Balkanrepublik fast überall sichtbar ist. So wird ein Naturparadies eben schnell mal zur Müllhalde. Schade, dass viele Menschen die so einzigartige Natur im Land nicht besser zu schätzen wissen. Man kann nur hoffen, dass sich das Verständnis hierzu schnell ändert und andere Wege der Entsorgung gefunden werden.


Heute beginnt der letzte Tag unserer Kosovo-Rundreise. Wir starten wieder von unserem schicken Hotel aus und besuchen nochmal den Nationalpark Bjeshkët e Nemuna bei Peja. Dort unternehmen wir eine wunderschöne Wanderung auf einer Teiletappe des Peaks of the Balkans, ein 192 Kilometer langer Fernwanderweg im Prokletije Gebirge. Er führt über 10 Tagesetappen durch prächtige Landschaften in Albanien, Kosovo und Montenegro. Unser heutiger Startpunkt ist die Hochebene um Reke e Allages, welche wir nach etwa 45 Minuten Fahrzeit erreichen. Neben einigen kleinen Hütten umgeben von traumhafter Natur, starten hier diverse Wanderwege in die Albanischen Alpen. Wir entscheiden uns für die Route auf den 2.403 Meter hohen Gipfel des Hajla. Und auch heute müssen wir wieder erfahren, dass das Wetter in den Bergen seine eigenen Gesetze schreibt. Es wird ein wechselhafter Tag. Während zunächst die Sonne scheint, ziehen im Hintergrund schon dunkle Regenwolken heran. Es wird ein mühsamer Aufstieg bei widrigen Bedingungen. Mit 1.100 Höhenmetern im Frühjahr während der Schneeschmelze gerade nur erfahrenen und geübten Wanderern bzw. Bergsteigern empfohlen. Zunächst führt uns ein Steig in den Wald hinein. Dort haben sich durch das Tauwetter bereits einige Bäche gebildet. Es ist äußerst rutschig. Anschließend führt uns der Weg in Schnee weiter nach oben in den kargen Wald. Wir müssen vorspuren, denn den Weg scheint seit Tagen keiner gegangen zu sein. Höhenmeter für Höhenmeter kämpfen wir uns in völliger Einsamkeit und Stille durch den dichten Schnee nach oben, während wir des öfteren tief einsacken. Schließlich öffnet sich das Gelände und wir erblicken unser Ziel, den Halja. Motiviert steigen wir die letzten Höhenmeter nach oben. Es ist geschafft. Entschädigt für den den anstrengenden Aufstieg werden wir mit sensationellen Ausblicken auf die Albanischen Alpen. Wir lassen uns nieder und genießen die atemberaubende Atmosphäre bei einem verdienten Gipfelbier. Doch die nächste Regenfront wartet schon, also brechen wir zum Abstieg auf. Durch Schnee und Wasser kommen wir schließlich etwas nass unten an. Eine spannende letzte Tour im Kosovo endet also hier.


Das war unsere Rundreise in den spannenden und unbekannten Kosovo, einem der jüngsten Länder Europas, der soviel einzigartige Natur und Kultur Highlights auf einer kleinen Fläche zu bieten hat, die nur darauf warten entdeckt zu werden. Dabei bleibt der Kosovo vorallem immer eines, authentisch. Hier wird Gastfreundschaft gelebt und die Ursprünglichkeit sowie Tradition bewahrt. Hinzu kommt, dass es ein unglaublich günstiges Reiseland ist, wahrscheinlich das günstigste im Euroraum. Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt hier also definitiv. Vielleicht verzaubert das Land ja auch bald euch. Wir hoffen, dass wir euch die kleine Balkanrepublik hier etwas genauer vorstellen konnten und euch Tipps und Informationen zum Land und interessanten Sehenswürdigkeiten geben konnten, damit der Kosovo nicht die unbekannte Seite des Balkans bleibt.


 
 
 

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